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Regeln für die Arbeit mit den klausurähnlichen Aufgaben und diesem Selbstlern-Hypertext als Material!
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Überblick über die Sinnesorgane des Menschen
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Erstmals in diesem Kapitel verwendete Fachbegriffe, die man kennen sollte:
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Aufgaben zur selbständigen Erarbeitung des Lernstoffes | |
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a1 | Definiere die Begriffe Interozeption, Propriozeption, Sinne, Sinneszellen, Vestibularapparat, Viszerozeption und Wahrnehmung! |
a2 | Nenne die im Text erwähnten Sinnesorgane! |
Hier geht es zu den Lösungen. |
Unsere allgemein bekannten Sinnesorgane heißen Augen, Ohren, Nasenschleimhaut, Zunge und Haut. Meistens vergessen wird das sehr wichtige Sinnesorgan namens Vestibularapparat (Gleichgewichtsorgan), das sich im Felsenbein eine Kammer mit dem Innenohr (Cochlea) teilt. Im Vestibularapparat nehmen die drei Bogengänge Beschleunigungen des Kopfes wahr. In zwei Höhlen am Boden der drei Bogengänge nehmen wir die Erdanziehung wahr, damit wir immer wissen, wo oben und wo unten ist. Zusammen nennt man das unser Gleichgewichtsorgan. Es dient dem Drehsinn oder genauer Beschleunigungssinn und dem Schwerkraftsinn.
MRT-Bild des Vestibularapparates und der Cochlea |
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Nevit Dilmen, CC BY-SA 3.0 |
Darüber hinaus besitzen wir in jedem Muskel winzige Muskelspindeln, die dem Gehirn melden, wie angespannt jeder Muskel ist. Unsere Gelenke melden dem Gehirn, wie stark sie gerade gebeugt sind. Unsere Darmschleimhaut riecht ebenso gut wie unsere Nase. Und winzige Sensoren messen die Nährstoff-Konzentrationen im Blut. Alles zusammen nennt man das Körper-Wahrnehmung, Interozeption oder unseren 6. Sinn.
Sinne nennt man traditionell nur 5 unserer Wahrnehmungskanäle, mit deren Hilfe das menschliche Gehirn seine Umwelt wahrnimmt:
Was ist ein Reiz?
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Erstmals in diesem Kapitel verwendete Fachbegriffe, die man kennen sollte:
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Aufgaben und Fragen zur Erarbeitung des Lernstoffes bzw. zur Lernkontrolle | |
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b1 | Definiere die Begriffe Reiz und adäquater Reiz! |
b2 | Nenne die Reize, über die das menschliche Gehirn von Sinneszellen der Haut informiert wird! |
b3 | Nenne für Menschen nicht wahrnehmbare Umwelteinflüsse und den Grund dafür! |
b4 | Erkläre, warum verschiedene Tierarten die Welt sehr unterschiedlich wahrnehmen und sich sogar die Wahrnehmungen zweier Menschen etwas unterscheiden! |
b5 | Erkläre, warum ein Schlag aufs Auge für unsere Lichtsinneszellen kein adäquater Reiz ist! |
b6 | Nenne Arten von Licht, die für unsere Lichtsinneszellen keine adäquaten Reize sind! |
Hier geht es zu den Antworten. |
Ein Reiz ist für ein Lebewesen das, was es wahrnehmen kann. Beispiele dafür sind süß, sauer, salzig, bitter oder scharf schmeckende Nahrungsbestandteile, Kälte, Hitze, Berührungen, Vibrationen oder Druck auf die Haut, Duftstoffe, Töne, sichtbares Licht, Schmerz und Gesichter. Ein Umwelteinfluss ist aber nur für die Spezies ein Reiz, die irgendwie auf ihn reagieren können und für die er daher eine Information darstellt. Gleichzeitig ist er kein Reiz für alle Lebewesen, die ihn nicht wahrnehmen können. Zum Beispiel können wir Menschen UV-Strahlen und das Magnetfeld der Erde nicht erkennen, weil wir für sie keine Sinnesorgane besitzen. Vögel können das und deshalb sind diese Umwelteinflüsse für Vögel Reize und für uns nicht. Ohne Lebewesen gäbe es gar keine Reize, weil ein Umwelteinfluss erst und nur dann ein Reiz ist, wenn er von einem Lebewesen wahrgenommen wird. Vereinfachend könnte man alles einen Reiz nennen, worauf irgend ein Lebewesen reagieren kann. Meines Erachtens führt die differenziertere Betrachtung aber zu einem besseren Verständnis.
Ein Reiz ist nur für bestimmte Organismen und, falls vorhanden, bestimmte Sinneszellen oder Sinnesorgane ein Reiz. Und ein adäquater Reiz ist er nur dann, wenn er zu der Aufgabe einer Sinneszelle oder eines Sinnesorgans passt oder wenn ein Organismus ohne Sinneszellen sinnvoll darauf reagieren kann. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, handelt es sich um einen für diese Sinneszellen, dieses Sinnesorgan oder diesen Organismus inadäquaten Reiz.
Es gibt auch Reize, auf die unsere Sinnesorgane reagieren und die trotzdem unpassend sind. Sie sind inadäquat, weil sie nicht der Aufgabe des Sinnesorgans entsprechen. Denn sie liefern nicht die Informationen, für die das Sinnesorgan eigentlich gemacht ist. Beispielsweise erwartet das Gehirn von unseren Lichtsinneszellen Informationen über die räumliche Verteilung der Intensitäten bestimmter Frequenzbereiche des für uns sichtbaren Lichts. Unpassend für unsere Lichtsinneszellen ist Druck. So ist beispielsweise ein Schlag aufs Auge (Druck) kein adäquater Reiz für unsere Augen und deren Lichtsinneszellen. Denn das Gehirn kann mit der Information nichts anfangen, wenn Lichtsinneszellen auf einen Schlag aufs Auge genau wie auf Licht reagieren. Die Reaktion der Sinneszellen auf den Schlag ist nicht angemessen (brauchbar) und deshalb ist auch der Schlag selbst kein adäquater Reiz.
Schema zur Einordnung des für uns sichtbaren Lichts in das gesamte Spektrum elektromagnetischer Strahlung |
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Horst Frank, CC BY-SA 3.0 |
Bei eigentlich passenden Reizen wie dem sichtbaren Licht kann aber auch die Intensität unpassend für unsere Augen sein. Es sollte weder zu stark noch zu schwach sein, denn zu starkes sichtbares Licht blendet uns oder kann sogar blind machen, während wir bei zu schwachem Licht nur schwarz-weiß und unscharf sehen.
Schema der Wahrnehmung |
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Dieses Schema soll ganz allgemein für alle Lebewesen veranschaulichen, wie Lebewesen Umweltreize wahrnehmen. Reize können z.B. die Erdanziehung, elektrische oder Magnetfelder, Schall- oder elektromagnetische Wellen, Druck oder Druckschwankungen, Ionen oder Moleküle sein. Adäquat ist ein Reiz für ein Lebewesen nur, wenn es dafür einen passenden Empfänger besitzt. Emfänger können Rezeptor-Moleküle, einzelne Sinneszellen oder oder bei höheren Tieren Sinneszellen in Sinnesorganen sein. Die Wahrnehmung kann sich bei einzelligen Lebewesen auf Ketten molekularer Reaktionen beschränken. Sofern sie über ein Gehirn verfügen, können Tiere ihre Umwelt wahrnehmen, indem sie durch das Nervensystem von den Sinnesorganen übermittelte Signale auswerten, bewerten, unter Umständen mit Hilfe von Wissen interpretieren, ergänzen und korrigeren. So kann die Wahrnehmung bei Bakterien vergleichsweise einfach und bei Menschen hochkomplex sein. |
Vergleich einiger menschlicher und tierischer Wahrnehmungsleistungen
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Menschen können scharf und farbig sehen, aber nur, solange es hell ist. Obwohl die meisten Menschen ihre Umwelt hauptsächlich mit den Augen wahrnehmen, können wir auch relativ gut riechen und im Tonhöhenbereich unserer Stimmen sehr gut hören.
Hunde können weniger scharf sehen als wir und sie sehen nur Farbmischungen aus Blau und Grün. Bewegungen nehmen sie aber sehr gut wahr. Mit ihren großen Ohrmuscheln können sie den Schall besser auffangen als Menschen und sie können sehr viel besser riechen. Hunde leben in einer Art Geruchswelt, denn sie gewinnen aus Gerüchen viele Informationen.
Katzen sehen und hören die Welt ähnlich wie Hunde und reagieren noch stärker auf Bewegungen. Sie können allerdings auch nachts sehr gut sehen. Riechen können Katzen besser als Menschen, aber nicht so gut wie Hunde.
Mit ihren vorne liegenden Augen haben die Raubtiere Hund und Katze ein relativ kleines Gesichtsfeld. Dafür besitzen sie aber vorne einen großen Bereich, in dem sie scharf und räumlich sehen und bei der Jagd Entfernungen genau abschätzen können.
Das Gesichtsfeld des Pferdes unterscheidet sich deutlich von denen des Hundes und der Katze, weil seine Augen nicht vorne, sondern seitlich am Kopf angeordnet sind. Das Fluchttier Pferd (Gemeint ist hier die Tierart Pferd.) braucht seinen Rundumblick, um sich nähernde Gefahren rechtzeitig zu erkennen. Dafür zahlt es den Preis eines nur schmalen Bereiches, in dem es räumlich sehen kann.
Im Gegensatz zu uns Menschen können Bienen ultraviolettes Licht und Grubenottern infrarote Strahlung sehen, die man auch Wärmestrahlung nennt.
Elefanten verständigen sich über Entfernungen von mehreren Kilometern mit sehr tiefen Tönen. Diese Töne können wir ebenso wenig hören wie die höchsten Töne, mit denen sich Mäusen verständigen.
Sinneszelle und Sinnesorgan
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Erstmals in diesem Kapitel verwendete Fachbegriffe, die man kennen sollte:
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Aufgaben zur selbständigen Erarbeitung des Lernstoffes | |
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c1 | Definiere die Begriffe Nerv und Sensor! |
c2 | Nenne die in unseren Sinnesorganen auf Reize reagierenden Zellen und worauf diese spezialisiert sind! |
c3 | Beschreibe, wie unsere Sinneszellen auf für sie passende Reize reagieren! |
c4 | Erkläre, warum sich die Lichtsinneszellen des Auges stark von den Hörsinneszellen unterscheiden! |
c5 | Erkläre, warum sich die auf unterschiedliche Farben spezialisierten Lichtsinneszellen stark ähneln! |
Hier geht es zu den Lösungen. |
Bakterien bestehen nur aus einer einzigen Zelle. Trotzdem können sie mit Hilfe Dutzender unterschiedlicher Sensoren in ihren Zellmembranen Reize wie Sauerstoff- und Nährstoff-Konzentrationen, Temperatur sowie Licht-Intensität und Farbe wahrnehmen und sinnvoll darauf reagieren (Wie Bakterien die Umwelt wahrnehmen). Zum Beispiel können Cyanobakterien sehen, aus welcher Richtung das Licht scheint (Können Bakterien sehen?). Und es gibt Bakterien mit einem Tastsinn (Gutes Gespür: Auch Bakterien haben einen Tastsinn).
Wir besitzen für unsere Wahrnehmungen Sinnesorgane und darin auf bestimmte Reize spezialisierte Sinneszellen. Unsere Sinneszellen können Reize aus dem Körper oder aus der Umwelt aufnehmen und in elektrische Signale umwandeln, die sie durch Nerven zum Gehirn weiterleiten. Beim Menschen befindet sich ein großer Teil der Sinneszellen in Sinnesorganen. Sinnesorgan nennt man jedes Organ, das mit Hilfe speziell an den jeweiligen Reiz angepasster Sinneszellen auf Reize mit der Erzeugung elektrischer Signale reagiert, diese eventuell schon teilweise auswertet und schließlich elektrische Impulse durch Nervenzellen zum Zentralnervensystem schickt. Beispiele dafür sind unsere Augen mit ihren auf Licht bestimmter Wellenlängen reagierenden Lichtsinneszellen, die Nase mit ihren auf bestimmte Moleküle in der Luft reagierenden Geruchssinneszellen sowie unsere Ohren, deren Hörsinneszellen auf Schallwellen mit Frequenzen zwischen 16 und 20.000 Hertz reagieren. Die Haut mit ihren Sinneszellen für Wärme, Kälte, Druck und Dehnung kann man ebenfalls als Sinnesorgan bezeichnen, es ist aber nicht üblich.
Die verschiedenen im Sinnesorgan Auge zusammengefassten Lichtsinneszellen sind ähnlich aufgebaut, weil sie sich in der Netzhaut unter sehr ähnlichen Bedingungen aus den selben Stammzellen entwickelt haben. Vor allem aber sind sie deshalb sehr ähnlich gebaut, weil sie sehr ähnliche Aufgaben haben. Die Sinneszellen im Sinnesorgan Ohr funktionieren anders und sehen deshalb auch anders aus als Lichtsinneszellen. So wie man besser mit einem Hammer als mit einer Schere hämmern und besser mit einer Schere als mit einem Hammer schneiden kann, so ist auch der Aufbau einer Sinneszelle an ihre Aufgabe angepasst. In biologischen Systemen wurde über lange Zeiträume jede Struktur an ihre Funktion angepasst. Deshalb besteht in der Biologie fast immer ein Zusammenhang zwischen Struktur und Funktion.
Dieses Schema zeigt zwei Stäbchen und einen Zapfen in der Retina. |
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Dr. Jan R., CC BY-SA 2.0 DE |
Wie funktioniert Wahrnehmung?
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Für den Unterricht zu lernender Fachbegriff:
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Aufgaben zur selbständigen Erarbeitung des Lernstoffes | |
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d1 | Erkläre woher wir wissen, dass unsere Wahrnehmung nicht in den Sinnesorganen stattfindet! |
d2 | Erkläre woher wir wissen, dass Wahrnehmung auch ohne Nervensystem möglich ist! |
d3 | Erkläre die Einteilung der Welt unter anderem in unsere Sehwelt, eine Riechwelt der Hunde und eine Hörwelt der Fledermäuse! |
d4 | Erkläre, wie man einem toten Tier ansehen kann, in welcher dieser Welten es lebte! |
d5 | Erkläre woher wir wissen, dass jedes Individuum die Welt auf einzigartige Weise wahrnimmt! |
d6 | Erkläre woher wir wissen, dass wir nicht die Realität wahrnehmen! |
Hier geht es zu den Lösungen. |
Man sagt: "Wir sehen mit den Augen, riechen mit der Nase, hören mit den Ohren, schmecken mit der Zunge und fühlen mit der Haut". Das ist aber nicht wahr, denn man kann auch mit Hilfe eines Cochlea-Implantates hören. Und Blinde können mit Hilfe ihrer Ohren oder verschiedenster technischer Hilfsmittel bis hin zur Smartphone-App Bilder sehen. Das zeigt, dass wir in Wirklichkeit mit dem Gehirn hören, sehen, riechen, schmecken und fühlen. Erst im Gehirn findet bei uns die eigentliche Wahrnehmung statt, denn erst dort interpretieren wir die Informationen und ordnen ihnen eine Bedeutung zu. Dort werden aus vielen übermittelten Signalen und Gedächtnisinhalten Wahrnehmungen von Bildern, Musik, Düften, Geschmack oder Berührungen zusammengesetzt und es entsteht ein für uns nützliches, aber nicht unbedingt wirklichkeitsgetreues "Bild" von unserer Umwelt. Wir nehmen allerdings nicht nur Sinneseindrücke, sondern auch Gefühle in uns und in anderen Lebewesen wahr.
Aber braucht ein Lebewesen wirklich ein Gehirn, um etwas wahrzunehmen? Die meisten Lebewesen sind Einzeller und besitzen keine Sinneszellen. Trotzdem können sie sinnvoll auf Reize reagieren. Das wirft die Frage auf, wie sinnvoll es ist, Phänomene wie Reiz und Wahrnehmung nur für einen kleinen Teil der Lebewesen zu definieren. Wie soll man dann vergleichbares bei Einzellern nennen? Wie so oft in der Biologie, gibt es auch in diesem Fall unter Naturwissenschaftlern keinen einheitlichen Sprachgebrauch. So schreiben beispielsweise die namhafte Zeitschrift Spektrum der Wissenschaft und die frisch habilitierte Frau Dr. Kirsten Jung über Wahrnehmung bei Bakterien. Unter Mikrobiologen ist das nicht unüblich, während Humanbiologen dazu neigen, Pflanzen und anderen Lebewesen ohne Hirn die Fähigkeit der Wahrnehmung abzusprechen. Meiner Meinung nach sollten Biologen ihre Fachbegriffe so formulieren, dass Definitionen möglichst viele Lebewesen umfassen. Also ist Wahrnehmung die Übersetzung eines Reizes oder mehrerer Reize in einen Eindruck von der Welt durch ein Lebewesen. Dabei sind auch die Zustände im eigenen Organismus Teil unserer Welt.
Es gibt zwar nur eine Welt, in der Menschen, Hunde und Fledermäuse gemeinsam leben. Aber jede dieser Tierarten nimmt die Welt anders wahr. Wenn Menschen nicht blind sind, achten sie hauptsächlich auf die Informationen, die ihnen ihre Augen liefern. Deshalb kann man den von uns wahrgenommenen Teil der Welt Sehwelt nennen. In diesem Sinne leben Hunde aufgrund ihrer sensiblen Nasen in einer Riechwelt und Fledermäuse in einer Hörwelt, weil sie mit den Ohren sehen. Welche Sinneseindrücke für eine Tierart besonders wichtig sind, dass verraten ihre Sinnesorgane. Tiere mit sehr gut entwickelten Augen wie die meisten Vögel oder Kraken leben in einer "Sehwelt". Tiere mit Supernasen wie Hunde oder Schmetterlinge leben in einer Riechwelt. Die riesigen Ohren der Fledermäuse verraten uns, dass sie in einer Hörwelt leben. Wirklich klare Grenzen zwischen diesen Sinneswelten gibt es aber nicht, denn beispielsweise Menschen, Eulen und Delfine können sehr gut sehen und hören. Manche Geier können ausgezeichnet sehen und riechen.
Verschiedene Tierarten und Pflanzen-Spezies können ihre Umwelten auch deshalb sehr unterschiedlich wahrnehmen, weil sich ihre Sinneszellen und Sinnesorgane deutlich unterscheiden. Ihre Sinneszellen reagieren auf unterschiedliche Reize. Aber selbst zwei Menschen sehen die selbe Umwelt nicht völlig gleich, weil sie in ihren Augen nicht exakt gleich viele Stäbchen und Zapfen für die unterschiedlichen Lichtfarben haben. Die Zahlenverhältnisse der Sinneszellen für verschiedene Lichtfarben sind nicht bei jedem Menschen und nicht einmal in beiden Augen eines Menschen gleich. Wer mehr Lichtsinneszellen für blaues Licht besitzt, sieht die Welt etwas blauer. Die Wahrnehmungen zweier Menschen unterscheiden sich aber auch, weil bei uns Menschen die Wahrnehmung viel stärker vom Gehirn als von den Sinnesorganen geprägt wird und weil die Interpretation der von den Sinnesorganen übermittelten Informationen durch das Gehirn nur teilweise angeboren ist. Jedes Gehirn findet seinen eigenen Weg, die von den Sinneszellen in den Sinnesorganen übermittelten Informationen zu interpretieren (Informationen Bedeutung zuzuordnen).
Hochentwickelte Gehirne können Reize nicht nur wahrnehmen und darauf reagieren, sondern im Wachzustand konstruiert unser Gehirn mit Hilfe der Summe aller Sinneseindrücke ständig eine Simulation seiner Umwelt. Normalerweise bezeichnet man als Illusion eine falsche oder zumindest verfälschte Wahrnehmung der Wirklichkeit oder eine irrtümlich als wahr angenomme Annahme über die Wirklichkeit. Tatsächlich besteht aber unsere Wahrnehmung der Umwelt zu einem großen Teil aus Illusionen als Folge der ständigen Interpretation, Ergänzung und vermeintlichen Korrekturen von Sinneswahrnehmungen durch das menschliche Gehirn. In diesem Sinne sind Illusionen als vereinfachende Modelle der Wirklichkeit notwendig, um ausreichend schnell und sinnvoll auf sie reagieren zu können. Das führt aber nicht selten zu optischen Täuschungen.
Das folgende Foto ist ein Beispiel für unterschiedliche Ergebnisse beim Versuch menschlicher Gehirne, Farbverfälschungen durch die sich im Tagesverlauf ändernde Farbe des Sonnenlichts zu korrigieren. Normalerweise benutzt das Gehirn als Vergleichsfarben Rot und Grün, um die durch die Farbverschiebung beeinflussten blauen und gelben Farbtöne zu korrigieren. Weil dem Bild aber rote und grüne Vergleichsfarben fehlen, muss das Gehirn raten, ob es ein weiß-goldenes Kleid unter bläulichem Licht oder ein blau-schwarzes Kleid unter gelblichem Licht sieht. Und diese Entscheidung kann auch vom selben Gehirn mal so und mal so ausfallen. |
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Cecilia Bleasdale, Non-free content |
Unser Gehirn soll etwa 0,3 Sekunden brauchen, um die von den Augen übermittelten Informationen zu bewegten Bildern zu verarbeiten. Oft kommt die Wahrnehmung aber zu spät, um damit noch etwas anfangen zu können. Wenn beispielsweise ein Tischtennisball mit 100 km/h auf mich zu fliegt und mein Gehirn wahrnimmt, wo er vor 0,3 Sekunden war, dann ist er in dieser Zeispanne bereits ungefähr 8 Meter weiter geflogen. Würde uns das Gehirn zeigen, wo der Ball 0,3 Sekunden zuvor war, dann hätten wir also keine Chance, ihn mit dem Schläger zu treffen. Was wir tatsächlich sehen,ist deshalb kein reales Bild vom Ball, sondern eine Simulation oder Prognose. Das Gehirn zeigt uns den Ball da, wo er aufgrund seine Anfangsgeschwindigkeit und Rotation mutmaßlich sein sollte. Leider führen falsche Annahmen oder Berechnungen gelegentlich dazu, dass wir am Ball vorbei schlagen, weil er nicht da ist, wo wir ihn vermuten. Was wir sehen, ist also nicht nur im Traum nicht real, sondern oft auch im Wachzustand.
akustische Wahrnehmung Hören
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Hören ist die Wahrnehmung von Schall. Wir benötigen dafür das Sinnesorgan Ohr. Näheres dazu findet man im Lerntext Ohr. Aber die eigentliche Wahrnehmung erfolgt im Gehirn. Denn die von den Hörsinneszelle durch Nervenzellen zum Gehirn transportierten elektrischen Signale werden dort gemeinsam mit den Signalen von vielen anderen Hörsinneszellen zu einer Wahrnehmung verarbeitet.
Erreichen uns Schallwellen nicht genau von vorne oder hinten, dann wird ein Ohr minimal eher als das andere erreicht. Diese winzigen Zeitdifferenzen reichen dem Gehirn, um die Richtung zu berechnen, aus welcher eine Schallwelle kam.
optische Wahrnehmung Sehen
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Aufgaben zur selbständigen Erarbeitung des Lernstoffes | |
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e1 | Fasse zusammen, wie wir zu optischen Wahrnehmungen kommen! |
e2 | Nenne die im Lerntext beschriebenen Faktoren die beeinflussen, ob wir etwas wahrnehmen oder nicht! |
e3 | Erkläre, wie wir auf Fotos Entfernungen abschätzen können! |
e4 | Erkläre, warum uns ein Widerspruch zwischen Wahrnehmung und Erfahrung verwirrt! |
e5 | Erkläre den Begriff Sehfeld oder Gesichtsfeld! |
e6 | Nenne den Grund für die Fähigkeit vieler Vögel, sich von hinten anschleichende Raubtiere meistens rechtzeitig sehen! |
e7 | Erkläre die ganz andere Anordnung typischer Raubtier-Augen! |
e8 | Überprüfe, ob sich auch der Mensch anhand der Anordnung seiner Augen eindeutig den Beutegreifern oder den Beutetieren zuordnen lässt! |
Hier geht es zu den Lösungen. |
Auge nennt man in Zoologie und Medizin bei Menschen und anderen Tieren ein Sinnesorgan mit Sinneszellen zur Wahrnehmung von Umwelt-Reizen in Form von Licht. Zum Thema Auge habe ich einen Lerntext Auge.
Jede Materie mit einer Temperatur oberhalb des absoluten Nullpunktes strahlt elektromagnetische Strahlung ab. Mit zunehmender Temperatur nimmt die Intensität der Strahlung zu und ihre durchschnittliche Wellenlänge nimmt ab. Optimal für unsere Augen ist die auch Licht genannte elektromagnetische Strahlung, die von oberflächlich etwa 6000 Grad Celsius heißen Körpern wie der Sonne abgestrahlt wird.
Dieses Schema zeigt das Spektrum des Sonnenlichts oberhalb und unterhalb unserer Atmosphäre. |
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Robert A. Rohde (deutsche Beschriftung von mir), CC BY-SA 3.0 |
Nachts können wir selbst Licht erzeugen, indem wir Stoffe verbrennen oder erhitzen. Wir können Licht zur Wahrnehmung unserer Umwelt nutzen, weil die meisten Gegenstände in unserer Umwelt Licht reflektieren oder nur ein Teil seines Farben-Spektrums durchlassen. So erreichen von den Gegenständen ausgehende Lichtstrahlen unsere Augen. Dabei ist wichtig, dass ein Gehirn bei der Berechnung eines Bildes davon ausgehen kann, dass in Abwesenheit extremer Massen die Lichtstrahlen alle ganz gerade sind. In der Netzhaut können Lichtsinneszellen auf Licht passender Wellenlängen reagieren. Die elektrischen Signale der Lichtsinneszellen werden (schon in der Netzhaut) kontrastverstärkend verarbeitet. Unter Zuhilfenahme von Erinnerungen werden im Gehirn die von beiden Augen kommenden Informationen zu einem räumlichen Bild zusammengesetzt. Dabei nehmen wir bevorzugt wahr, womit wir uns gerade beschäftigen und was wir kennen. Wie Menschen mit verschiedenen Farbsehschwächen die Welt sehen, kann man sich mit dem Farbenblindheit Simulator ansehen. Aber auch Menschen ohne Farbsehschwäche sehen weniger Farben als Vögel und viele andere Tiere.
Farbwahrnehmung bei Mensch und Tier |
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U. Häßler, CC BY-NC 3.0 DE |
Wir kennen die ungefähren Größen vieler Gegenstände und wissen in etwa, wie stark deren scheinbare Größe mit der Entfernung abnimmt. Unser Gehirn versucht immer, die Bilder stimmig zu machen, indem es die wahrgenommenen Entfernungen an die gesehenen Größen anpasst. So können wir sogar auf Fotos Entfernungen abschätzen. Wir reagieren verwirrt, wenn es uns nicht gelingt, Wahrnehmungen mit Hilfe logischer Erklärungen mit unseren Erinnerungen in Einklang zu bringen.
Das Sehfeld oder Gesichtsfeld gibt an, wie groß der Bildausschnitt ist, den ein Tier, ein Fernglas oder eine Kamera von der Umgebung sehen kann. Man kann das Seh- oder Gesichtsfeld angeben als Bildbreite in 1000 Metern oder als Bruchteil von 360 Grad. Ist nur ein Auge oder Objektiv beteiligt, dann spricht man von einem monokularen Gesichtsfeld. Setzt ein Gehirn sein Gesichtsfeld aus den Informationen zweier Augen zusammen, denn spricht man von einem binokularen Gesichtsfeld oder Sehfeld.
Tauben sind Fluchttiere, die Fressfeinde rechtzeitig entdecken müssen. Da trifft es sich gut, dass sie alles sehen können, was sich vor oder bis ganz weit hinten seitlich von ihnen befindet, weil ihre Augen seitlich am Kopf liegen. Das Gesichtsfeld unserer Tauben beträgt etwa 320 von 360 Grad.
Katzen hingegen sind relativ wehrhafte Raubtiere, die nur selten von größeren Raubtieren gejagt werden. Sie brauchen deshalb nicht so dringend einen Rundumblick und können sich zwei nach vorne gerichtete Augen leisten. Das hat den Vorteil eines deutlich größeren Anteils des Gesichtsfeldes, der von beiden Augen aus etwas unterschiedlichen Blickwinkeln gesehen wird. Das Gehirn kann aus diesen beiden etwas unterschiedlichen Bildern ein dreidimensionales, also räumliches Bild errechnen. Das wiederum ermöglicht die genaue Abschätzung von Entfernungen innerhalb dieses Teils des Gesichtsfeldes. Und das braucht die Katze, damit sie mit einem Sprung genau auf einer Maus landet und nicht vor oder hinter der Maus.
Unser Gesichtsfeld mit seinem großen Bereich räumlichen Sehens scheint uns eindeutig den Raubtieren zuzuordnen. Tatsächlich tötet und verspeist die Spezies Mensch besonders viele Tier. Und in seinem Lebensraum haben nur die anderen Raubtiere überlebt, die große Angst vor Menschen haben und einen ganz weiten Bogen um ihn machen. Ausnahmen sind Hunde und Hauskatzen, die stattdessen zu besten Freunden und Kennern des Menschen wurden. Allerdings war der Mensch wohl ursprünglich kein Beutegreifer wie die Katzen, sondern lief einfach hinter seinen Beutetieren her, bis diese überhitzten und nicht mehr weglaufen konnten. Eine genaue Abschätzung von Entfernungen ist dafür nicht wichtig. Seit der Erfindung von Ackerbau und Viehzucht jagen Menschen außerdem kaum noch. Stattdessen wurden Menschen schon immer gelegentlich von großen Raubtieren und oft von anderen Menschen bedroht, sodass der für Beutetiere typische Rundumblick nicht schlecht gewesen wäre.
Aber unsere noch viel früheren, noch lange nicht menschlichen Vorfahren entwickelten wohl die nach vorne gerichteten Augen des Beutegreifers, als sie noch auf Bäumen lebten, von Ast zu Ast sprangen und sich ihre Beute mit den Händen schnappten. Als frühe Primaten brauchten sie also doch eine genaue Abschätzung von Entfernungen, um weder den nächsten Ast noch die Beute zu verfehlen. Schimpansen jagen bis heute so. Später erwiesen sich die nach vorne gerichteten Augen als nützlich, als die Menschen bei der Jagd Speere benutzten. Heute hilft uns unser räumliches Sehen beispielsweise beim Sport und im Straßenverkehr.
Vielleicht noch wichtiger sind für Menschen die nach vorne gerichteten Augen für den geschickten Gebrauch unserer Hände, die neben dem Gehirn unsere wichtigsten Werkzeuge sind und mit denen wir Werkzeuge herstellen und benutzen. Allerdings beweist die neukalidonische Krähe, dass auch Tiere mit seitlich am Kopf liegenden Augen virtuose Meister des intelligenten Gebrauchs selbst hergestellter Werkzeuge sein können.
Plastizität der Wahrnehmung
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Es ist lange bekannt, dass blinde Menschen nicht selten besonders gut Hören und/oder Fühlen. Das menschliche Gehirn kann bei Bedarf Sinne schärfen. Dabei kann das Gehirn aber auch Fehler machen und beispielsweise die sogenannten Phantomschmerzen "in" nicht mehr vorhandenen Körperteilen empfinden. Ein weiteres schon länger bekanntes Beispiel für die Flexibilität des menschlichen Gehirns bei der Wahrnehmung äußerer Reize ist die Synästhesie. Die betroffenen oder derart begabten Menschen reagieren mit mindestens zwei verschiedenen Wahrnehmungen auf nur einen äußeren Reiz. Immer wenn ihre Augen eine bestimmte Farbe melden, nehmen manche Synästhetiker beispielsweise gleichzeitig einen bestimmten Geruch wahr oder hören einen Ton. Diese natürliche Plastizität der Wahrnehmung kann man nutzen. Zum Beispiel können die Gehirne von Blinden lernen, aufgrund der Echos selbst erzeugter Klicklaute Bilder, also optische Wahrnehmungen zu konstruieren. Auf diese Weise ist der blinde Daniel Kish in der Lage, sich auf einem Fahrrad durch den Straßenverkehr zu bewegen. Inzwischen werden unter anderem in Deutschland blinde Kinder in der aktiven bildgebenden Echoortung unterrichtet. Andere Blinde sehen mit Hilfe eines Zungen-Displays.
Kommentare und Kritik von Fachleuten, Lernenden und deren Eltern sind jederzeit willkommen.
Roland Heynkes, CC BY-NC-SA 4.0