Lerntext Eukaryotische Einzeller

Roland Heynkes, 11.2.2016, zuletzt ergänzt am 22.9.2022

Diese Internetseite soll helfen, sich die normalerweise in der Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe vermittelten Inhalte zum Thema eukaryotische Einzeller selbständig zu erarbeiten.

Gliederung

zum Text Eukaryotische Einzeller
zum Text das Augentierchen (Euglena)
zum Text das Pantoffeltierchen (Paramecium)
zum Text selbständige Überprüfung des Lernerfolgs

Eukaryotische Einzeller nach oben

Hunderte Millionen Jahre lang machten unzählige Kollisionen mit großen und kleineren Himmelskörpern Leben auf unserem anscheinend fast 4,6 Milliarden Jahre alten Planeten höchstwahrscheinlich unmöglich. Die ältesten Spuren erster Lebewesen sind etwa 3,8 Milliarden Jahre alt. Und bis vor rund 2 Milliarden Jahren scheint es nur Prokaryoten (Archäen und Bakterien) gegeben zu haben. Die inzwischen gut belegte Endosymbiontentheorie (Lerntext Endosymbionten-Theorie) erklärt, dass irgendwann um diese Zeit aus einer Archäe und einem Bakterium das erste eukaryotische Lebewesen entstand. Die ersten Hinweise auf vielzellige Eukaryoten sind noch einmal etwa 500 Millionen Jahre jünger. Eukaryoten sind neben Archäen und Bakterien die dritte Domäne der Lebewesen.

Einteilung der Lebewesen

Tierische Einzeller hatten demnach rund 2 Milliarden Jahre Zeit, eine extreme Artenvielfalt zu entwickeln.

Eine kleine Auswahl davon zeigen Zeichnungen des Naturwissenschaftlers Ernst Haeckel.

von Ernst Haeckel gezeichnete Porentierchen nach oben
Ernst Haeckel, Kunstformen der Natur (1904), Tafel 2, public domain

Über Zeiträume von mehreren Hundert Millionen Jahren sanken die aus Kalk bestehenden Skelette der Porentierchen auf Meeresböden und bildeten dort mächtig dicke Sediment-Schichten, aus denen langsam Kalkstein wude. Auch die aus Kieselsäure bestehenden Skelette der Strahlentierchen sanken auf Meeresböden und bildeten dort mächtige Sediment-Schichten, die langsam zu Opal und Mikroquarz umgewandelt wurden.

von Ernst Haeckel gezeichnete Strahlentierchen nach oben
Ernst Haeckel, Kunstformen der Natur (1904), Tafel 41, public domain

Wer mehr Action braucht, kann bei YouTube unter anderem von mir mikroskopierte Bakterien, tierische (Protozoen) und pflanzliche Einzeller sowie die Zellen eines Pflanzenblattes in kurzen Videos beobachten.

das Augentierchen (Euglena) nach oben

Eukaryotische Einzeller sind sehr viel größer als Prokaryoten (Bakterien und Archäen). Und einige lassen sich nicht in einfache Definitionen pressen.

Euglena als Schema nach oben
Claudio Miklos, CC0 1.0
Das Augentierchen ist ein tierischer Einzeller, der auch ein pflanzlicher Einzeller sein kann und damit die Freunde einfacher Definitionen in Schwierigkeiten bringt.

Vielzellige Eukaryoten haben viele unterschiedliche Zelltypen für verschiedene Aufgaben. Weil Euglena aus nur einer Zelle besteht, muss diese alles selbst machen und auch können. Wir haben eigene Organe für das Sehen oder die Wahrnehmung der Erdanziehung. Einzeller wie Euglena schaffen das ohne Organe und Nervenzellen.

Euglena viridis kann seine Form verändern. nach oben
Christian Gottfried Ehrenberg, Die Infusionsthierchen, 1838, United States public domain
Diese uralten Zeichungen zeigen, was für unterschiedliche Körperformen Euglena annehmen kann.

Euglena stellt die Unterscheidung zwischen tierischen und pflanzlichen Einzellern in Frage. Steht ausreichend Licht zur Verfügung, vermehren sich Chloroplasten in Euglena, betreiben Fotosynthese und färben den Einzeller grün. Fehlt es an Licht, nimmt die Zahl der Chloroplasten ab, Euglena wird blass und muss mehr Biomoleküle fressen. Es gibt auch Euglena-Spezies, die ihre Chloroplasten komplett verloren haben und in denen deshalb auch bei ausreichendem Licht keine neuen mehr entstehen können.

Autotrophe Organismen benötigen keine energiereiche Nahrung, weil sie die Strahlungsenergie bestimmter Anteile des Lichts oder die chemische Energie bestimmter anorganischer Stoffe wie Schwefelwasserstoff nutzen können. Ihnen genügen daher anorganische Kohlenstoff-Quellen wie Kohlenstoffdioxid (CO2). Heterotrophe Organismen müssen energiereiche Nahrung aufnehmen.

Euglena besitzt eine lange und eine kurze Geißel. Beide bestehen aus Microtubuli, die auch die dicksten Elemente des Cytoskeletts bilden. Mit seiner langen Geißel kann Euglena rotieren und schwimmen. Euglena rotiert, bis sein rot gefärbter Augenfleck den Fotorezeptor beschattet. Vom Fotorezeptor aus betrachtet zeigt dann der Augenfleck genau auf die Licht-Quelle.

Euglena vermehrt sich durch Zellteilung, nachdem sich zunächst der Zellkern und danach auch andere Organellen geteilt haben. Wenn bei höheren Temperaturen viele Längsteilungen rasch nacheinander erfolgen, können einzelne Euglena entstehen, die keinen Chloroplasten erhalten haben.

Das Augentierchen (Euglena mutabilis) nach oben
anonym, CC BY-SA 3.0, Original

Mehr Informationen über Euglena gibt es auf der Internetseite: Das Augentierchen Euglena.

das Pantoffeltierchen (Paramecium) nach oben

Pantoffeltierchen (Paramecium aurelia)
Paramecium aurelia
amerikanischer Informatiker, CC BY-SA 3.0

Pantoffeltierchen (Paramecien) leben in Tümpeln oder an Heu oder Laub, das von Destruenten schon teilweise zersetzt wurde. Paramecien werden ungefähr 0,3 mm lang und tragen auf ihrer elastischen Zellhaut (Pellicula) mehr als 10.000 rhythmisch schlagende Wimpern, mit deren Hilfe der tierische Einzeller um seine Längsachse rotierend durch Wasser schwimmt.

Pantoffeltierchen besitzen einen kleinen, den vollständigen Bauplan enthaltenden Mikronucleus. Zusätzlich enthalten sie einen großen, alle Chromosomen mehrfach enthaltenden Makronucleus.

Mit Wimpern im Bereich des Mundfeldes strudeln Pantoffeltierchen Nahrungspartikel (Bakterien oder Pflanzenreste) zum Zellmund. Dort werden sie (durch Endocytose) in eine Nahrungsvakuole (Endosom) aufgenommen. Während in ihr (nach Fusion mit Lysosomen) die Nahrungspartikel verdaut werden, wandert die Nahrungsvakuole auf einer festgelegten Bahn durch das Cytoplasma zum Zellafter. Die freigesetzten Nährstoffe werden ins Cytoplasma abgegeben. Unverdauliches wird am Zellafter ausgeschieden. Die Aufnahme der Nahrung in die Zelle erfolgt durch Endocytose, die Ausscheidung unverdaulicher Reste durch Exocytose.

Paramecien nehmen Temperatur-Unterschiede, chemische Reize und mechanische Hindernisse wahr und reagieren darauf mit Richtungsänderungen durch Veränderungen des Wimpernschlages.

Pantoffeltierchen (Paramecium)
Paramecium
Michael Frey, CC BY-SA 3.0

Weil Euglena und Pantoffeltierchen in Süßwasser leben, lässt Osmose ständig Wasser in die Zellen eindringen. Euglena und Paramecium besitzen deshalb pulsierende Vakuolen. Sternförmig um diese herum sind Kanälchen angeordnet, die Wasser mit darin gelösten Salzen und Abfallstoffen aus dem Cytoplasma aufnehmen. Diese sternförmig angeordneten Zuführungskanälchen leiten das Wasser in Sammelbläschen, aus denen die beiden pulsierenden Bläschen (kontraktilen Vakuolen) das Wasser ansaugen und über einen Exkretionsporus aktiv ausscheiden.

selbständige Überprüfung des Lernerfolgs nach oben

Einige Tage nach dem Durchlesen dieses Lerntextes sollte man versuchen, folgende Aufgaben selbständig zu lösen. Dabei sollte man versuchen, in ganzen, auch ohne die Aufgaben verständlichen Sätzen so knapp wie möglich und so ausführlich wie nötig zu antworten.

Aufgaben zur Lernkontrolle und als Formulierübung
1 Beschreibe die Eigenschaft, die Euglena so besonders macht!
2 Erkläre den Unterschied zwischen autotrophen und heterotrophen Organismen!
3 Nenne das Material, aus dem die Geißeln von Euglena bestehen!
4 Überlege, wofür Euglena seine lange Geißel braucht!
5 Beschreibe, wie Euglena feststellt, aus welcher Richtung das Licht kommt!
6 Erkläre, wie sich Euglena vermehrt!
7 Erkläre, wie Euglena-Stämme ohne Chloroplasten entstehen können!
8 Beschreibe die Lebensräume der Pantoffeltierchen!
9 Beschreibe die äußerlichen Eigenschaften der Paramecien!
10 Benenne die beiden Zellkerne der Pantoffeltierchen!
11 Erkläre, wie sich Pantoffeltierchen ernähren!
12 Entwickle eine Hypothese zu der Frage, durch welche von tierischen Zellen bekannten Vorgänge die Aufnahme der Nahrung in die Zelle sowie die Ausscheidung unverdaulicher Reste erfolgen!
13 Fasse zusammen, wie Paramecien auf welche Reize reagieren!
14 Entwickle eine Hypothese zur Herkunft des Wassers, welches die pulsierenden Vakuolen ausscheiden!
Hier geht es zu den Antworten.

buchunabhängige Lerntexte

meine Biologieseite

Kommentare und Kritik von Fachleuten, Lernenden und deren Eltern sind jederzeit willkommen.

Roland Heynkes, CC BY-SA-3.0 DE

Diese Tabelle zeigt meine Lösungsvorschläge.
1 Beschreibe die Eigenschaft, die Euglena so besonders macht!
Euglena stellt die Unterscheidung zwischen tierischen und pflanzlichen Einzellern in Frage. Steht ausreichend Licht zur Verfügung, vermehren sich Chloroplasten in Euglena, betreiben Fotosynthese und färben den Einzeller grün. Fehlt es an Licht, nimmt die Zahl der Chloroplasten ab, Euglena wird blass und muss mehr Biomoleküle fressen. Es gibt auch Euglena-Spezies, die ihre Chloroplasten komplett verloren haben und in denen deshalb auch bei ausreichendem Licht keine neuen mehr entstehen können.
3 Erkläre den Unterschied zwischen autotrophen und heterotrophen Organismen!
autotrophe Organismen benötigen keine energiereiche Nahrung, weil sie die Strahlungsenergie bestimmter Anteile des Lichts oder die chemische Energie bestimmter anorganischer Stoffe wie Schwefelwasserstoff nutzen können. Ihnen genügen daher anorganische Kohlenstoff-Quellen wie Kohlenstoffdioxid (CO2). Heterotrophe Organismen müssen energiereiche Nahrung aufnehmen. Falsch ist allerdings die vom Buch gemachte Gleichsetzung von Nahrung mit energiereichen organischen Substanzen, denn zu unserer Nahrung gehören auch die Ballaststoffe, deren chemische Energie wir nicht nutzen können. Auch Nährstoffe müssen keineswegs nutzbare chemische Energie enthalten. Das gilt für Pflanzennährstoffe und unsere Mikronährstoffe, zu denen Vitamine sowie Spurenelemente und andere Mineralstoffe gehören.
3 Nenne das Material, aus dem die Geißeln von Euglena bestehen!
Die Geißeln von Euglena bestehen aus Microtubuli, die auch die dicksten Elemente des Cytoskeletts bilden.
4 Überlege, wofür Euglena seine lange Geißel braucht!
Mit seiner langen Geißel kann Euglena rotieren und schwimmen.
5 Beschreibe, wie Euglena feststellt, aus welcher Richtung das Licht kommt!
Euglena rotiert, bis sein rot gefärbter Augenfleck den Fotorezeptor beschattet. Vom Fotorezeptor aus betrachtet zeigt dann der Augenfleck genau auf die Licht-Quelle.
6 Erkläre, wie sich Euglena vermehrt!
Euglena vermehrt sich durch Zellteilung, nachdem sich zunächst der Zellkern und danach auch andere Organellen geteilt haben.
7 Erkläre, wie Euglena-Stämme ohne Chloroplasten entstehen können!
Wenn bei höheren Temperaturen viele Längsteilungen rasch nacheinander erfolgen, können einzelne Euglena entstehen, die keinen Chloroplasten erhalten haben.
8 Beschreibe die im Buch erwähnten Lebensräume der Pantoffeltierchen!
Pantoffeltierchen leben in Tümpeln oder an Heu oder Laub, das von Destruenten schon teilweise zersetzt wurde.
9 Beschreibe die äußerlichen Eigenschaften der Paramecien!
Paramecien werden ungefähr 0,3 mm lang und tragen auf ihrer elastischen Zellhaut (Pellicula) mehr als 10.000 rhythmisch schlagende Wimpern, mit deren Hilfe der tierische Einzeller um seine Längsachse rotierend durch Wasser schwimmt.
10 Benenne die beiden Zellkerne der Pantoffeltierchen!
Pantoffeltierchen besitzen einen kleinen, den vollständigen Bauplan enthaltenden Mikronucleus. Zusätzlich enthalten sie einen großen, alle Chromosomen mehrfach enthaltenden Makronucleus.
11 Erkläre, wie sich Pantoffeltierchen ernähren!
Mit Wimpern im Bereich des Mundfeldes strudeln Pantoffeltierchen Nahrungspartikel (Bakterien oder Pflanzenreste) zum Zellmund. Dort werden sie (durch Endocytose) in eine Nahrungsvakuole (Endosom) aufgenommen. Während in ihr (nach Fusion mit Lysosomen) die Nahrungspartikel verdaut werden, wandert die Nahrungsvakuole auf einer festgelegten Bahn durch das Cytoplasma zum Zellafter. Die freigesetzten Nährstoffe werden ins Cytoplasma abgegeben. Unverdauliches wird am Zellafter ausgeschieden.
12 Entwickle eine Hypothese zu der Frage (Rate), durch welche von tierischen Zellen bekannten Vorgänge die Aufnahme der Nahrung in die Zelle sowie die Ausscheidung unverdaulicher Reste erfolgen!
Die Aufnahme der Nahrung in die Zelle erfolgt durch Endocytose, die Ausscheidung unverdaulicher Reste durch Exocytose.
13 Fasse zusammen, wie Paramecien auf welche Reize reagieren!
Paramecien nehmen Temperatur-Unterschiede, chemische Reize und mechanische Hindernisse wahr und reagieren darauf mit Richtungsänderungen durch Veränderungen des Wimpernschlages.
14 Entwickle eine Hypothese zur Herkunft des Wassers, welches die pulsierenden Vakuolen ausscheiden!
Weil die Pantoffeltierchen in Süßwasser leben, lässt Osmose ständig Wasser in die Zellen eindringen.
Hier geht es zurück zu den Aufgaben.