Dokumentation: "Die unsichtbare Macht der Mikroben"

Roland Heynkes, 17.3.2018

Gliederung

zum Text Quelle
zum Text Normalerweise können wir Mikroben nicht bewusst wahrnehmen.
zum Text Unsere Einstellung zu den Mikroben hat sich geändert.
zum Text krasse Beispiele für Tiere, die Symbiosen sind
zum Text das Mikrobiom als neu entdecktes menschliches Organ
zum Text Mikrobiom-Projekte
zum Text Richtigstellungen
zum Text Zusatzinformationen aus anderen Quellen
zum Text

Quelle nach oben

Bei YouTube kann man sich die Sendung ansehen: Die unsichtbare Macht der Mikroben.

Normalerweise können wir Mikroben nicht bewusst wahrnehmen. nach oben

Da sie keine Gehirne besitzen, ist kaum vorstellbar, dass Mikroben von der Existenz der Menschen wissen. Für die Mikroorganismen sind wir viel zu groß, um uns in unserer Gesamtheit zu erfassen. Für sie sind wir wie ein Planet mit vielen sehr unterschiedlichen Landschaften. Aber sie reagieren auf uns, unterstützen uns, beeinflussen uns und können sich sogar wehren, wenn wir sie bekämpfen. Sie versuchen sich zu vermehren, aber fast alle Plätze sind schon besetzt und jede Nahrungs-Quelle wird schon genutzt.

Sicher ist, dass Menschen erst seit nicht einmal 350 Jahren von der Existenz der Mikroorganismen wissen. Sie sind einfach zu klein für das Auflösungsvermögen unserer Augen. Denn wie schon ihr Name andeutet, sind Mikroorganismen so winzig, dass wir sie nur mit Hilfe eines Mikroskops sehen können. Bakterien sind die im Durchschnitt kleinsten von ihnen. Sie können spiralig, kugel- oder stäbchenförmig sein oder faserförmige Ausläufer besitzen. Aber sie bestehen aus nur einer Zelle ohne Organellen. Unzählige Zellen des menschlichen Körpers stehen in ständigem Kontakt zu Bakterien, aber das Bewusstsein wurde natürlich wieder nicht informiert. Vom Kampf der Mikroben auf und in unserem Körper bekommen wir nichts mit.

Unsere Einstellung zu den Mikroben hat sich geändert. nach oben

Seit Louis Pasteur haben Menschen mehr als ein Jahrhundert lang Bakterien praktisch nur als gefährliche Krankheitserreger betrachtet und bekämpft. Inzwischen hat aber ein großes Umdenken begonnen. Wir kennen heute mehr für uns nützliche als gefährliche Bakterien-Spezies. Der Anteil der für uns gefährlichen Bakterien wird heute auf weniger als 1% geschätzt. Wir kennen Tausende nützliche Keime und nur wenige Dutzend gefährliche. Forscher haben sogar erkannt, dass zum menschlichen Organismus mehr Bakterien als menschliche Zellen gehören. Ohne seine Bakterien könnte ein Mensch nicht leben. In der Dokumentation wird sogar gesagt, wir könnten ohne Bakterien nicht atmen, uns ernähren und entwickeln. Anscheinend beeinflussen sie sogar unser Verhalten und unsere Evolution. Falsch ist allerdings die Behauptung im Film, alle Lebewesen seien auf Bakterien angewiesen. Denn natürlich können Bakterien und Archäen auch ganz ohne andere Mikroorganismen leben. Aber für uns Menschen ist unser neues Verständnis von den Mikroben eine Revolution, die wichtige Fortschritte insbesondere in der Medizin verspricht. Schon heute können durch Stuhltransplantationen Menschen gerettet werden, in deren Mikrobiomen durch Antibiotika-Therapien wichtige Bakterien-Spezies verloren gingen, sodass sich schädliche Mikroorganismen zu stark ausbreiten oder wichtige Nährstoffe nicht mehr produziert werden konnten. Weltweit arbeiten Forschungsgruppen an der Frage, ob man so vielleicht auch Menschen helfen könnte, die an Typ-2-Diabetes oder Adipositas leiden.

Die Arbeitsgruppe von Karine Clement übertrug Mikrobiome adipöser Mäuse auf schlanke Mäuse ohne eigenes Darm-Mikrobiom. Binnen 14 Tagen verdoppelten daraufhin die Empfängermäuse nahezu ihr Volumen. Dieser Effekt war allerdings nur vorübergehend. Nach einiger Zeit erreichten die Empfängermäuse wieder ihr ursprüngleiches Gewicht und ihr Stoffwechsel hatte sich wieder normalisiert. Bei adipösen Menschen fand die Arbeitsgruppe Darm-Mikrobiome mit reduzierter Artenvielfalt. Man versteht noch nicht wie, aber irgendwie gehören Bakterien zum menschlichen Körper und sind ein Teil von ihm mit eigenen Aufgaben. Karine Clement sagt, unser Mikrobiom kommunizierene mit Gehirn, dem Fettgewebe und der Leber des Menschen. Wenn durch biomedizinische Forschung die Kommunikation zwischen Mikrobiom und den anderen Organen des Menschen entschlüsselt wird, könnte das zu Therapien führen, die das Mikrobiom behandeln und dadurch den Organismus heilen.

Der Biologe Seth Bordenstein in der US-amerikanischen Vanderbilt University meint, in den letzten Hundert Jahren habe sich die Biologie vor allem auf Genetik und die DNA in Tier- und Pflanzenzellen konzentriert. Heute interessiere ihn die Frage, wie stark das Mikrobiom definiert, wer wir als biologische Einheit sind. Er meint, dass Tiere und Pflanzen keine biologischen Individuen im Sinne von Einzelwesen sind, sondern Biozönosen oder in einem erweiterten Sinne Ökosysteme. Im Hinblick auf die Gefährlichkeit von Bakterien meint Bordenstein, es hänge von den Genen der Bakterien und des Menschen sowie von den jeweiligen Umweltbedingungen ab, ob in einem konkreten Fall eine Mikrobe gut oder schlecht für einen Menschen sei. Er hält die Mikrobiomforschung für einen der wichtigsten Schritte in der Entwicklung der Biologie, aber sie beginnt gerade erst.

krasse Beispiele für Tiere, die Symbiosen sind nach oben

Prof. Takema Fukatsu an der japanischen Tsukuba-Universität in Tokyo findet in den Därmen von Blattläusen Bakteriozyten genannte Zellen, die sehr viele nur knapp 3 µm kleine, obligat-endosymbiotische Bakterien namens Buchnera enthalten. Im Darm einer Blattlaus soll es 5-6 Millionen von ihnen geben. Sie sind lebensnotwendig für die Blattläuse, weil sie diese mit essentiellen Aminosäuren versorgen. Tötet man diese Bakterien mit Antibiotika, dann kann eine Blattlaus keine Proteine mehr synthetisieren. Damit jeder Blattlaus von Anfang an die lebensnotwendigen Bakterien zur Verfügung stehen, umhüllt das Weibchen ihre Eier mit einem nahrhaften Gelee, der auch die Bakterien enthält.

Buchnera aphidicola in einer Blattlaus-Zelle
Buchnera aphidicola
J. White and N. Moran, University of Arizona, CC BY 2.5
Die Zelle der Blattlaus ist nur teilweise zu sehen. In ihr befinden sich dicht gedrängt die Bakterien, von denen sich einige gerade teilen.

Der in sehr Nährstoff-armem Sand lebende Meereswurm Olavius algarvensis besitzt weder Verdauungsorgane noch Nieren. Ähnlich wie Flechten ernährt sich auch dieser Wurm mit Hilfe eines Endosymbionten. Sein Lebensraum ist reich an Kohlenstoffmonoxid und Schwefelwasserstoff, die sich unterschiedlich tief zwischen den Sandkörnern befinden. Bakterien auf der Hautoberfläche des Wurms wandeln diese giftigen Substanzen in Nährstoffe um, von denen sie dem Wurm genug abgeben. Der Beitrag des Wurms besteht darin, ständig zwischen den beiden Bodenschichten auf und ab zu kriechen, damit die Bakterien beide Edukte für ihre Chemosynthese erhalten.

Olavius algarvensis
Olavius_algarvensis
Alexander Gruhl, frei

Tracy M. Montgomery und Eli Strauss entnahmen in der kenianischen Masai Mara den Analbeuteln von Hyänen das Sekret, mit dem Hyänen kommunizierenen. Das Sekret ist eine Mischung aus dem Drüsensekret und dem individuellen Mikrobiom einer Hyäne. Indem sie in ihrem Revier an den Sekreten anderer Hyänen riechen, können sie erkennen, ob das andere Tier zum selben Rudel gehört, männlich oder weiblich und trächtig oder säugend ist. Im Labor von Prof. Kay E. Holekamp in der Michigan State University vermehrte Kevin R. Theis die Bakterien aus den Sekreten einzelner Hyänen und stellte fest, dass die für eine Hyäne charakteristische Duftnote von den Bakterien im Sekret produziert wird und das die Bakterien den Duft in Abhängigkeit von Spezies, Geschlecht und Fortpflanzungszyklus variieren. Die Mikrobiome in den Sekreten von Tüpfel- und Streifenhyänen sind komplett unterschiedlich. Und bei den einzelgängerischen Streifenhyänen ist die Artenvielfalt der Bakterien wesentlich geringer als bei den geselligen Tüpfelhyänen.

Tüpfel- und Streifenhyäne
Tüpfelhyäne Streifenhyäne
Joanne Goldby, CC BY 2.0 anonym, CC BY 2.0

Anfang der 1990er Jahre entdeckten Forscher die Fähigkeit des Bakteriums Wolbachia, sich sehr schnell in den Zellen von Insekten-Populationen auszubreiten. Es soll einen erheblichen Teil der Schalentiere, Spinnen und Insekten infiziert haben. Interessant ist, dass die Bakterien nur durch die Weibchen von der Mutter zur Tochter übertragen werden und die sexuelle Aktivität ihrer Wirts-Insekten kontrollieren. Einige mit Wolbachia-Bakterien infizierte Insekten-Arten können sich ohne Männchen fortpflanzen. Fabrice Vavre vom französischen CNRS erklärt, dass mit Wolbachia infizierte Weibchen einer Schlupfwespenart für ihre Männchen völlig unattraktiv sind.

Das Bakterium Wolbachia und die Schlupfwespe Asobara tabida
Wolbachia
Scott O'Neill, CC BY 2.5 C. Dufour, P. Louâpre, J. van Baaren und V. Martel, CC BY 2.5

Prof. Margaret McFall-Ngai und Dr. Edward Ruby im Department of Medical Microbiology and Immunology der University of Hawaii konnten zeigen, dass das Bakterium Aliivibrio fischeri dem kleinen Zwergtintenfisch Euprymna scolopes (Hawaiian Bobtail squid) die Fähigkeit zur Biolumineszenz verleihen. Nachts überschreitet die Anzahl der Bakterien auf der Unterseite des Tintenfischs eine Schwelle und erst dann beginnen sie zu leuchten. Von unten betrachtet hebt sich dadurch der Tintenfisch nicht von der durch Mond und Sterne beleuchteten Wasseroberfläche ab. Die Bakterien kennen ihre Anzahl oder genauer Konzentration, weil jedes ein Signal-Molekül abgibt, dessen Konzentration von der Konzentration der Bakterien abhängt. Tagsüber vermehren sich die Bakterien und produzieren das Signalmolekül. Aber erst nachts erreichen die Bakterien die Dichte, ab der sie zu leuchten beginnen. Morgens stoßen die Tintenfische 99% der leuchtenden Bakterien aus und ziehen sich zum Schlafen in den Sand zurück.

Hawaiian bobtail squid (Euprymna scolopes)
Hawaiian bobtail squid (Euprymna scolopes)
Prof. Margaret McFall-Ngai, CC BY 4.0

Am Institute Pasteure in Paris verglich Gregoire Chevalier Mäuse mit normalem Mikrobiom mit steril geborene und gehaltene Mäusen ohne Mikrobiom. Er setzte sie auf ein Metallkreuz, bei dem ein Gang ohne Seitenwände den neugierigen Mäusen freie Sicht, aber keinen Schutz gewährt. Der andere Gang vermittelt den Mäusen durch Seitenwände ein Gefühl der Sicherheit, aber sie können selbst darin wenig sehen. Die sterile gehaltenen Mäuse ohne Mikrobiom hatten weniger Angst und hielten sich im Gegensatz zu den normalen Mäusen lieber auf den offenen Gängen auf. Vielleicht leiten Nerven des sogenannten Bauchgehirns Signale von den Darmbakterien zum Gehirn einer Maus, wie Karine Clement meint. Es ist aber auch denkbar, dass Bakterien Moleküle abgeben, die durch das Blut das Gehirn einer Maus erreichen.

das Mikrobiom als neu entdecktes menschliches Organ nach oben

Bei uns Menschen ist die Sache weniger offensichtlich und doch ähnlich wie bei den genannten Würmern und Blattläusen. Mit einigen Bakterien-Arten verbinden uns Symbiosen, ohne die wir nicht leben können. Auch wir sind also obligate Symbiosen aus menschlichen Organen und einem sogenannten Mikrobiom aus unzähligen Bakterien verschiedenster Spezies mit einem Gesamtgewicht von fast 2 Kilogramm. Man kann den Menschen sogar als eine Vielfach-Symbiose verstehen. Das Mikrobiom soll am Aufbau unseres Gerinnungssystems beteiligt sein. Unser Mikrobiom oder unsere Mikrobiome schützen uns auf der Haut vor Krankheitserregern und allein im menschlichen Darm sollen 160 Bakterien-Spezies mindestens 19.000 verschiedene Aufgaben erfüllen. Dort unterstützen sie unser Immunsystem sowie unsere Verdauung. Wir sind beispielsweise auf die Vitamine angewiesen, die bestimmte Darmbakterien produzieren. Auch verschiedene Kohlenhydrate könnten wir ohne bakterielle Unterstützung kaum oder nur schwer verwerten. Andere Mikroorganismen sind einfach nur Mitesser, die etwas von unserer Nahrung abhaben wollen.

Bis zu seiner Geburt besteht ein Mensch nur aus seinen eigenen menschlichen Zellen. Aber ähnlich wie die Blattläuse geben auch menschliche Mütter lebenswichtige Bakterien schon bei der natürlichen Geburt an ihre Neugeborenen weiter. Das beginnt schon auf dem Weg durch den Geburtskanal mit den vor der Geburt speziell in der Scheidenschleimhaut gezüchteten Milchsäurebakterien. Später übertägt die Mutter auch noch Darm- und Hautbakterien auf ihr Kind. Auch die Muttermilch enthält nützliche Mikroben. Noch später nehmen Kinder mit fester Nahrung und auch dadurch weitere Bakterien auf, dass sie alles anfassen und in den Mund stecken. So beginnt die Besiedlung seines Körpers durch unsere besten Freunde unter den Bakterien. Deshalb ist die Besiedlung des Menschen durch Bakterien auch nicht einfach eine feindliche Übernahme, sondern das Neugeborene selber scheint im Darm sein Immunsystem zu unterdrücken, damit er von den nützlichen Bakterien besiedelt werden kann. Und ohne die Mikroben soll sich das menschliche Immunsystem gar nicht richtig entwickeln können. Zumindest muss das Immunsystem durch Mikroben trainiert werden, um seine volle Leistungsfähigkeit zu erreichen und nicht überzureagieren. Per Kaiserschnitt geborene Babies wachsen zwar nicht ohne Mikroben auf, aber es sind oft nicht die am besten geeigneten. Deshalb haben per Kaiserschnitt geborene Kinder häufiger Allergien oder Autoimmunkrankheiten. Mäuse ohne Mikroorganismen bilden keine gesunden Organe.

Überwiegend stammen die bakteriellen Helfer auf und im Körper eines Menschen von seiner Mutter. Aber auch beim Küssen und anderen intimen Kontakten mit anderen Menschen tauschen wir Mikroorganismen aus. Bei jedem Kuss sollen etwa 80 Millionen Bakterien von rund 700 Spezies ausgetauscht werden. Meistens wird dadurch das Immunsystem gestärkt, ohne das Mensch durch das Küssen krank wird. Der Anteil der für uns schädlichen Bakterien-Spezies wird auf weniger als 1% geschätzt. Die biologische Vielfalt des Mikrobioms fördert die menschliche Gesundheit. Deshalb ist es ein Problem, dass Antibiotika neben krankmachenden auch viele nützliche Bakterien-Spezies in uns töten.

Mikrobiom-Projekte nach oben

Unter anderem das US-amerikanische Human Microbiome Project, die Canadian Microbiome Initiative, das MetaHit-Konsortium der EU und das International Human Microbiome Standards (IHMS) project erforschen, welche Mikroorganismen-Spezies auf und in uns leben. Bei vermutlich 99% unserer Mikroorganismen ist die Zucht im Labor noch nicht gelungen. Deshalb isoliert man einfach die gesamte DNA aller Zellen, die man in einer Stuhlprobe, einer Speichelprobe, einem Abstrich von der Haut oder ähnlichem gewinnt. Man sequenziert die DNA und sucht dann in unzähligen DNA-Fragmenten nach menschlichen und bakteriellen Genen.

Unter anderem im Europäischen Labor für Molekularbiologie bei Heidelberg werden Stuhlproben aus aller Welt gesammelt und untersucht. Durch computerunterstützte Analyse fand der Biochemiker, theoretische Physiker und Bioinformatiker Prof. Peer Bork als Leiter der Structural and Computational Biology Unit, der Bork-Arbeitsgruppe, der Fachgruppe Bioinformatik und der Bioinformatik-Einheit des EU-Forschungsprojektes MetaHit heraus, dass es anscheinend nur drei klar voneinander unterscheidbare Typen (sogenannte Enterotypen) von Mikrobiomen in den Därmen der Menschen gibt und dass diese wohl weltweit überall vorkommen. Alter, Geschlecht, Umwelten und Essgewohnheiten scheinen keinen Einfluss auf die Zusammensetzung der Bakterien-Spezies in den Därmen zu haben. Umgekehrt scheinen allerdings bestimmte Krankheiten wie Darmkrebs oder Adipositas gehäuft bei Menschen mit bestimmten Enterotypen vorzukommen.

Richtigstellungen nach oben

Im Film sagt die Sprecherin, Mikroben seien unverzichtbar für jegliche Form von Leben. Das gelte für Pflanzen, Tiere und natürlich auch für uns Menschen. Später meint sie auch, bei sämtlichen Lebewesen bestehe eine Symbiose mit Bakterien. Diese unglücklichen Formulierungen können zu den falschen Vorstellungen führen, Menschen gehörten nicht zu den Tieren und zu den Lebewesen gehörten nur Pflanzen und Tiere. Für das Verständnis der Biologie ist es aber wichtig zu wissen, das zu den Lebewesen mindestens auch Pilze, Schleimpilze und Mikroorganismen gehören. Außerdem git es Mikroorganismen, die auch ohne andere Mikroben leben können. Und die Endosymbiontentheorie bezieht sich natürlich nur auf Eukaryoten, neben denen die Prokaryoten bis heute weiter existieren.

In der Dokumentation wird gesagt, Bakterien hätten sich seit ihrer Entstehung als erste Lebensformen vor 3,5 Milliarden Jahren zigfach vervielfältigt und existierten heute millionen- und milliardenfach absolut überall. Aber Bakterien waren wahrscheinlich nicht die ersten Lebensformen, denn dazu ist ihr genetischer Code viel zu gut. Und da Bakterien und Archäe den selben genetischen Code verwenden, müssen se gemeinsame Vorfahren gehabt haben. Zigfach vervielfältigen können sich Bakterien schon an einem Tag. Darum existieren sie auch nicht milliardenfach, sondern allein in einem Menschen leben nach einer aktuellen Schätzung rund 40 Billionen (1012) Bakterien. Das sind mehr als die Hälfte aller Zellen, aus denen ein menschlicher Organismus aufgebaut ist. Weil sie sehr viel kleiner als menschliche Zellen sind, wiegen sie aber insgesamt nur wenige Kilogramm. Und glücklicherweise sind sie nicht wirklich überall, denn vermehren sie sich beispielsweise in unserem Blut, dann sterben wir an einer Blutvergiftung. Zumindest weitgehend unbesiedelt von Mikroorganismen bleiben auch das Gehirn, die Blase und die Lunge. Werden diese Organe doch einmal infiziert, dann wird es mindestens unangenehm, meistens sogar akut lebensgefährlich.

Die Sprecherin stellt die Biologie neben ihre Teilgebiete Genetik, Verhaltensforschng und Evolutionsforschung.

Man sollte Journalisten und Filmproduzenten den Gebrauch generalisierender Adverbien wie jede, absolut, überall, immer und alle untersagen, wenn es um biomedizinsche Inhalte geht. Denn in der Biologie gibt es fast immer Ausnahmen. Mit Sicherheit ebenfalls unzutreffend ist die Behauptung, Mikroben würden von Teams in allen Ländern der Erde erforscht.

Der selten benutzte Fachbegriff Phänom steht für die Gesamtheit aller Eigenschaften (Phäne) eines Lebewesens. Im Film benutzt die Sprecherin diesen Fachbegriff aber im Sinne von Phänomen.

Trotz solch krasser Fehler im journalistischen Anteil der Dokumentation ist diese meines Erachtens wertvoll, weil die interviewten Naturwissenschaftler wichtige Denkanstöße liefern.

Zusatzinformationen aus anderen Quellen nach oben

Gesund besonders alt gewordene Menschen heben besondere Mikrobiome mit die Gesundheit fördernden Bakterien - Tomasz Wilmanski, Christian Diener, Noa Rappaport, Sushmita Patwardhan, Jack Wiedrick, Jodi Lapidus, John C Earls, Anat Zimmer, Gustavo Glusman, Max Robinson, James T Yurkovich, Deborah M Kado, Jane A Cauley, Joseph Zmuda, Nancy E Lane, Andrew T Magis, Jennifer C Lovejoy, Leroy Hood, Sean M Gibbons, Eric S Orwoll, Nathan D Price - Gut microbiome pattern reflects healthy ageing and predicts survival in humans - Nature metabolism 2021 Feb; 3(2): 274-286.

Auch im menschlichen Mund können rund 1000 verschiedene Arten von Mikroorganismen leben. In jedem einzelen Menschen sind es aber nur etwa 100 Spezies. Es hängt vom Zufall ab, welche Arten den Weg in unseren Mund finden. Aber es hängt auch von unseren Ess- und Zahnpflegegewohnheiten ab, wie gut oder schlecht sich einzelne Spezies in unserem Mund vermehren können.

Allgemeinere Informationen über Bakterien und andere Mikroorganismen findet man in meinen buchunabhängigen Lerntexten Bakterien und Mikroorganismen.

meine kritischen Zusammenfassungen von Fernsehdokumentationen

buchunabhängige Lerntexte

meine Biologieseite

Kommentare und Kritik von Fachleuten, Lernenden und deren Eltern sind jederzeit willkommen.

Roland Heynkes, CC BY-NC-SA 4.0

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