Lerntext über das Mikroskop und seine Bedeutung für die Biologie

Roland Heynkes, 24.5.2015, zuletzt angepasst am 17.8.22

Gliederung

zum Text Mikroskope zeigen die Welt der Zellen
zum Text Es gibt verschiedene Arten von Mikroskopen
zum Text das Lichtmikroskop
zum Text das Schulmikroskop
zum Text Technische Fortschritte erweiterten biologisches Wissen
zum Text weiterführende Quellen

Mikroskope zeigen die Welt der Zellen nach oben

Alle lebenden Lebewesen bestehen aus Zellen. Die allermeisten Zellen sind aber derart mikroskopisch klein oder dünn, dass wir sie mit bloßem Auge nicht sehen können. Deshalb brauchen wir Mikroskope, um in die Welt der Zellen hinein zu sehen. Und damit beim Mikroskopieren die teuren Mikroskope nicht beschädigt werden, müssen wir uns etwas mit ihnen beschäftigen. Wir tun das mit diesem Lerntext.

Es gibt verschiedene Arten von Mikroskopen nach oben

Mikroskope sind Geräte, mit denen man Objekte sichtbar macht, die wir mit bloßem Auge nicht sehen können, weil sie mikroskopisch klein sind. Von Lupen unterscheiden sich Mikroskope dadurch, dass sie nicht nur aus einer einzigen Sammellinse bestehen.

Bei den Mikroskopen unterscheidet man zwischen Lichtmikroskopen, Elektronenmikroskopen und Rastersondenmikroskopen, die das Objekt mit einer extrem feinen Spitze abtasten.

Lichtmikroskope eignen sich gut zur Beobachtung lebender Zellen. Um allerdings das Innere von Bakterien untersuchen zu können, benötigt man schon ein Elektronenmikroskop.

Mit einem Rastersondenmikroskop, z.B. mit einem Rastertunnelmikroskop oder einem Rasterkraftmikroskop kann man sogar einzelne Atome sichtbar machen.

das Lichtmikroskop nach oben

Lichtmikroskop nennt man ein Gerät mit zwei Linsen bzw. Linsengruppen, dem Objektiv und dem Okular. Das Objektiv erzeugt im Inneren des Lichtmikroskops ein vergrößertes Bild, bei dem Oben und Unten sowie Links und Rechts vertauscht sind. Dieses Bild wird dann vom Okular noch einmal vergrößert, aber nicht noch einmal umgedreht. Insgesamt entsteht dadurch im Auge oder in einer Kamera ein stark vergrößertes und auf dem Kopf stehendes Bild eines Objektes. Das Prinzip der Vergrößerung durch Lichtbrechung an gekrümmten Oberflächen kannten schon die Römer. Der älteste bis heute erhaltene Bericht über eine Lupe stammt aus dem 16. Jahrhundert und das erste Mikroskop scheint um 1600 gebaut worden zu sein. Aus dem Jahr 1630 soll die älteste noch erhaltene Zeichnung stammen, die mit Hilfe eines Mikroskops angefertigt wurde.

Die älteste überlieferte mikrosokopische Zeichnung
Leitz-Lichtmikroskop von 1909
Franceso Stelluti, 1630, gemeinfrei

Die Technik der Berechnung und Herstellung von Linsen verbesserten sich im Laufe der Zeit. Dadurch erreichte man um 1665 eine 50-fache Vergrößerung.

Robert Hooke entdeckte damit 1665 in Flaschenkorken pflanzliche Zellen.
ein von Robert Hooke gebautes Lichtmikroskop
ein von Robert Hooke gebautes Lichtmikroskop
Robert Hooke 1665, public domain

Antoni van Leeuwenhoek erreichte mit nur einer perfekt geschliffenen, nahezu kugelförmigen Linse eine bis zu 270-fache Vergrößerung. Sein Gerät wird meistens als Mikroskop bezeichnet, aber eigentlich war es eine spezielle Lupe. Damit entdeckte er 1674 oder 1675 Bakterien sowie andere einzellige Lebewesen. Mit aus mehreren Linsen zusammengesetzten Mikroskopen wurde diese Auflösung erst 160 Jahre später erreicht.

Ein van-Leeuwenhoek-Lichtmikroskop
van-Leeuwenhoek-Lichtmikroskop
Museum Boerhaave, Leiden, CC BY-SA 3.0
Um 1873 gelang es Ernst Abbe in der Firma Zeiss, die optimalen Formen von Linsen zu berechnen.
Ein Lichtmikroskop der Firma Zeiss von 1879
Zeiss-Lichtmikroskop von 1879
Dr. Timo Mappes, gemeinfrei
Mit optischen Methoden ist maximal eine ungefähr 2000-fache Vergrößerung möglich. Damit lassen sich im durchleuchteten Objekt Punkte unterscheiden, die mindestens 0,2 µm von einander entfernt sind.

Ein Vorteil der Lichtmikroskopie ist die Möglichkeit, lebende Objekte zu beobachten. Ein Nachteil sind die geringen Kontraste innerhalb lebender Zellen.

Viele Strukturen wurden erst durch die Erfindung von Farbstoffen erkennbar, die verschiedene Strukturen in den Zellen unterschiedlich anfärben.

Weitere Möglichkeiten der Kontrastverstärkung nutzen: Dunkelfeldmikroskop, Phasenkontrastmikroskop, Polarisationsmikroskop, Differentialinterferenzkontrast-Mikroskop, Interferenzreflexionsmikroskop, Kathodolumineszenzmikroskop, Ultramikroskop, Lichscheiben-Mikroskopie (SPIM), Fluoreszenz-Mikroskop, konfokales Laserscanningmikroskop und Multiphotonenmikroskop.

Das Schulmikroskop nach oben

Aufgaben zur selbständigen Erarbeitung des Kapitels
1

Versuche Dir die Namen der Teile eines Lichtmikroskops zu merken und überprüfe den Lernerfolg durch Beschriftung des folgenden Arbeitsblattes im pdf-Format!

(Man muss es nicht ausdrucken, sondern kann es beispielsweise aufs iPad laden und mit GoodNotes ausfüllen, bis alles richtig ist.

  1. iPad-Nutzer mit GoodNotes öffnen zunächst kurz GoodNotes.
  2. Dann wechseln sie wieder in den Browser mit dem Kapitel: "Das Schulmikroskop"
  3. und öffnen mit dem Link das Arbeitsblatt.
  4. Man nutzt das Teilen-Symbol, um das Arbeitsblatt in GoogNotes zu öffnen. (Im Firefox muss man dazu zunächst rechts oben auf das Symbol mit den 3 liegenden Strichen klicken.)
  5. Nun lässt sich das Arbeitsblatt wie gewohnt bearbeiten.)

2 Beschreibe das sichere Scharfstellen des Lichtmikroskops bei größter Vergrößerung!

Entscheidend beim Mikroskopieren ist, dass das längste Objektiv nicht beim Scharfstellen beschädigt wird. Die teure äußere Präzisionslinse des Objektivs darf auf keinen Fall beim Scharfstellen versehentlich auf das Deckglas des Präparates gepresst werden. Das längste Objektiv wird deshalb nur über das Deckgläschen gedreht, nachdem der Objekttisch ganz herunter gefahren wurde. Dann schaut man von der Seite auf die Lücke zwischen Objektiv und Objekttisch und dreht die beiden so nah wie möglich zusammen, ohne dass sie sich berühren. Dabei muss man sich unbedingt merken, in welche Richtung man dreht. Schließlich schaut man durch das Okular und stellt mit dem Grobtrieb durch Drehen in die andere Richtung scharf, indem man den Abstand zwischen Objektiv und Objekttisch wieder vergrößert. Das folgende Bild zeigt ein Schulmikroskop beschriftet.

Schulmikroskop
Schulmikroskop
  1. Okular
  2. Tubus
  3. Objektivrevolver (Objektivring)
  4. Objektiv
  5. Deckglas
  6. Objektträger
  7. Verstellung des Objektträger-Halters
  8. Verstellung des Objektträger-Halters
  9. Beleuchtungsregler (Regulierung der Lichtstärke)
  10. Stativ (Trägerarm, Hals)
  11. Objektträger-Halter
  12. Objekttisch oder Mikroskoptisch
  13. Grobtrieb zur Scharfeinstellung
  14. Feintrieb zur Scharfeinstellung
  15. Licht-Quelle (Lampe)
Roland Heynkes, CC BY-NC-SA 4.0

Die für Pflanzen typischen Chloroplasten findet man leicht in den Blättern der Wasserpest (Elodea canadensis oder Elodea densa).

Wasserpest (Elodea densa)
Wasserpest Elodea_densa
Ernst Schütte, CC BY-SA 3.0
Zellen in einem Blatt der Wasserpest
Zellen in einem Blatt der Wasserpest
anonym, CC BY-SA 4.0

Technische Fortschritte erweiterten biologisches Wissen nach oben

Die Biologie ist eine Naturwissenschaft, die bisher hauptsächlich von der Beobachtung natürlicher Phänomene gelernt hat. Immer wieder haben deshalb neue technische Möglichkeiten zu bedeutenden neuen Erkenntnissen in der Biologie geführt. Ein solcher Meilenstein war die Erfindung des Lichtmikroskops um das Jahr 1600, die 1665 zur Entdeckung der Zellen durch Robert Hooke und etwa 1675 zur Entdeckung von Einzellern und sogar Bakterien durch Antoni van Leeuwenhoek führte.

Ab Seite 100 (in der Ausgabe von 1667) im Kapitel 16 über Beobachtungen an Holzkohle sowie ab Seite 107 (in der Ausgabe von 1667) im Kapitel 17 über Beobachtungen an versteinertem Holz und versteinerten Schalen ehemaliger Meeresbewohner beschreibt Hooke die im Schema Nr. 10 gezeigten Poren, die er auch schon in verschiedenen Proben von Holz gefunden hatte. Es scheint ihm nicht bewusst gewesen zu sein, aber damit beschreibt er die verbliebenen Hohlräume ehemaliger Pflanzen-Zellen, von denen nur noch die festen Zellwände übrig geblieben sind. Es ist allerdings verständlich, dass er nicht von im Prinzip abgeschlossenen Zellen ausging, sondern von langen Leitungsbahnen. Denn er beschreibt oben auf Seite 101 (in der Ausgabe von 1667), dass man aufgrund der Poren durch Holzkohle hindurch blasen kann, wenn sie nicht zu dick ist. Das ist auch kein Wunder, denn im Holz sind die Zellen ja tatsächlich zu langen Wasserleitungen verschmolzen. Hooke beschreibt auch, dass die festen Wände zwischen den Poren sehr dünn seien. Er vergleicht bereits auf Seite 101 (in der Ausgabe von 1667) die poröse Struktur der Holzkohle mit einer Bienenwabe. Und er zählte nicht weniger als 106 Poren pro Millimeter (2700/Inch).

Den Begriff Zelle führt Hooke nicht erst auf Seite 112 (in der Ausgabe von 1667) in der Überschrift der Beobachtung 18 ein, die er an einer sehr dünnen Schicht Kork gemacht hat. Bereits im Kapitel 16 beschreibt Hooke in der vierten Zeile der Seite 111 (in der Ausgabe von 1667) gleichmäßig angeordnete Zellen, Höhlen oder Gefäße in versteinerten Schalen von Tieren ausgestorbener Spezies.

Mir ist unklar, woher die beispielsweise von history-of-the-microscope und von der U.S. National Library of Medicine (unten) erzählte Legende stammt, Hooke habe den Begriff cells von den Zimmern eines Klosters abgeleitet. Die Begriffe monk, monastery, cloister oder convent kommen in seinem berühmten Buch Micrographia nicht vor. Vielmehr vergleicht er auf Seite 113 (in der Ausgabe von 1667) im ersten Abschnitt des 18. Kapitels (Observ. XVIII. Of the Schematisme or Texture of Cork, and of the Cells and Pores of some other such frothy Bodies.) die luftgefüllten, in Kork beobachteten Zellen, Schachteln (boxes) oder Blasen mit den sechseckigen Zellen einer Honigwabe. Dabei betont er die Flexibilität, mit der die Zellwände in Kork und fast generell bei Pflanzen nach einer Verformung wieder in ihre ursprüngliche Form zurückkehren. Und er zeigte sich überzeugt, dass die Erforschung der Strukturen nicht nur bei den Zellen von Kork, sondern ganz allgemein bei Lebewesen zu einem Verständnis ihrer Eigenschaften führen würde.

Hooke erkannte, dass etwa 60 (threescore) hintereinander gelegte Zellen auf ein 1/18 eines Inches passten. Das entspricht etwa 42,5 Zellen pro Millimeter.

Die erste heute noch bekannte Darstellung von Zellen
Cells von Robert Hooke
Robert Hooke, Micrographia Schem. 11, Fig.1, Observ. XVIII. Of the Schematisme or Texture of Cork, and of the Cells and Pores of some other such frothy Bodies.

Erst 1838 erkannten der Botaniker Matthias Schleiden und der forschende Mediziner Theodor Schwann aufgrund mikroskopischer Untersuchungen, dass alle Pflanzen und Tiere aus Zellen aufgebaut sind. Ebenfalls mit Hilfe eines Lichtmikroskops beobachtete Hugo von Mohl 1835 erstmals eine Zellteilung. Rudolf Virchow leitete aus dieser und vielen weiteren Beobachtungen 1855 seine berühmte Hypothese ab:

Zellen entstehen nur aus Zellen und nicht etwa aus Schlamm oder anderen nicht lebenden Materialien (Omnis cellula e cellula).

Allerdings muss natürlich irgendwann eine allererste Zelle entstanden sein. Rudolf Virchow erkannte außerdem, dass viele Krankheiten mit bestimmten Veränderungen von Zellen verbunden sind.

Christian Gottfried Ehrenberg benutzte bereits 1838 den aus Schildläusen gewonnenen roten Farbstoff Karmin zur Anfärbung von Einzellern. Großen Anteil an der Entwicklung der Färbetechniken für Zellbestandteile hatte um das Jahr 1855 der Anatom Joseph von Gerlach. Mit einer eher zufälligen Entdeckung durch William Henry Perkin begann 1856 die Entwicklung künstlicher Textilfarbstoffe, die es Paul Ehrlich ermöglichten, 1879-1894 die Anfärbung von Zellen zu perfektionieren. 1873 gelang Camillo Golgi die Färbung einzelner Nervenzellen mit Silbernitrat, und er erhielt unter anderem dafür 1906 gemeinsam mit seinem verhassten Konkurrenten Ramon y Cajal den Medizin-Nobelpreis.

Noch wichtiger als die Färbung ist für das Mikroskopieren die Fixierung der Zellbestandteile, damit sie nicht zerfallen, enzymatisch zersetzt oder später von Bakterien oder Pilzen gefressen werden. Bei der Untersuchung seiner desinfizierenden Eigenschaften entdeckte Ferdinand Blum bereits 1893, dass sich Formalin (35-40%ige Formaldehydlösung) besser als Alkohol zur Fixierung und Konservierung mikroskopischer Präparate eignet. Diese Methode ist bis heute die gebräuchlichste.

Sehr wichtig für das Verständnis der Zelle war auch die Erfindung des Elektronenmikroskops 1931 durch Ernst Ruska und Max Knoll sowie etwa zeitgleich durch Reinhold Rüdenberg, weil dadurch die Feinstruktur der Zelle und damit das genaue Aussehen der Organellen sichtbar wurde. Auch die Viren wurden erst durch Elektronenmikroskope sichtbar.

weiterführende Quellen nach oben

Lichtmikroskop.net

Mikroskop

Etliche Vorträge über Mikroskopie von Prof. Kurt Thorn (Department für Biochemistry and Biophysics an der University of California) findet man bei YouTube und iBiology.

Die Harvard-Professorin Xiaowei Zhuang erklärt die Super-Resolution Fluorescence Microscopy mit Vorträgen, die man sich bei YouTube und bei iBiology ansehen kann.

Frau Prof. Jennifer Lippincott-Schwartz erklärt in vielen Vorträgen, wie höchstauflösende Fluoreszenzmikroskopie funktioniert und was ihr Labor damit in Zellen sichtbar macht. Etliche ihrer Vorträge kann man bei YouTube und iBiology sehen.

Bei YouTube und iBiology findet man mehrere Vorträge, in denen Prof. Ronald David Vale aktuelle Techniken der Fluoreszenzmikroskopie erklärt.

In der Cambridge University entwickeln Physiker, Chemiker, Informatiker und Biologen gemeinsam Lichtmikroskope und Markierungstechniken, mit denen sie in lebenden Zellen die Verteilung einzelner Molekülsorten und die Bewegungen jedes einzlenen dieser Moleküle über längere Zeiträume beobachten können. Prof. Clemens Kaminski erklärt in einem kurzen YouTube-Video, was seine Arbeitsgrupe tut.

Prof. Eva Nogales (University of California, Berkeley) gibt eine Introduction to Electron Microscopy (auch bei iBiology)

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Roland Heynkes, CC BY-NC-SA 4.0