Journal of Comparative Pathology 2001 May; 124(4): 280-9

Roland Heynkes 23.1.2007, CC BY-SA-4.0 DE

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Gliederung

bibliographische Angaben
meine Zusammenfassung des Artikels

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Jeffrey,M.J.; Ryder,S.; Martin,S.; Hawkins,S.A.C.; Terry,L.; Berthelin-Baker,C.; Bellworthy,S.J. - Oral inoculation of sheep with the agent of bovine spongiform encephalopathy (BSE). 1. Onset and distribution of disease-specific PrP accumulation in brain and viscera. - Journal of Comparative Pathology 2001 May; 124(4): 280-9

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Foster et al. hatten bereits 1993 die bei einem von 6 Schafen erfolgreiche orale Inokulation mit 500 mg BSE-infektiösem Rinderhirn publiziert [AEDA]. Deshalb setzte man später für eine Pathogenesestudie die zehnfache Menge ein. Aus den Hirnstämmen histopathologisch bestätigter Fälle klinisch an BSE erkrankter Rinder wurde eine 10%ige Suspension hergestellt und jedem Empfängerschaf wurden davon 50 Gramm mit einem Schlauch an die Rückwand der Kehle gespritzt. Als Empfängertiere dienten je 21 Schafe (aus einer seit 1972 geschlossenen und überwachten, Scrapie-freien Romney-Herde [AERU]) im Alter von 6 Monaten und mit den Genotypen PrP(ARQ/ARQ), PrP(ARQ/ARR) bzw. PrP(ARR/ARR). Die jeweils 3 Buchstaben für jedes Allel stehen für Alanin an Position 136, Arginin an Position 154 und Glutamin oder Arginin an Position 171 des Prionproteins. Von jeder dieser 3 Gruppen wurden je 4 oder 5 Tiere zusammen mit einem nicht inokulierten Kontrollschaf nach 4 unterschiedlich langen Perioden getötet, um in ihnen die Infektiosität verschiedener Gewebe zu untersuchen. Von den restlichen 4 Schafen jeder Gruppe wurden nur diejenigen getötet, die tatsächlich erkrankten. Leider wurden die nicht infizierten Kontrollschafe nicht gemeinsam mit den inokulierten Schafen gehalten. Deshalb hätte man sich die Kontrollschafe eigentlich sparen können, weil sie nur die ohnehin seit langem bekannte Scrapie-Freiheit, nicht aber belegen, dass in diesem Experiment auch keine horizontale Übertragung eine Rolle spielte.

Die oral inokulierten Schafe mit den Genotypen PrP(ARQ/ARR) und PrP(ARR/ARR) wurden in Intervallen von 12 Monaten getötet, aber bis zu 24 Monate nach der Inokulation wurde noch in keinem dieser Tiere PrPsc gefunden und es erkrankte auch keines. Auch in einem früheren Experiment war der Versuch einer Infektion eines Prp-ARR/ARR-Schafes mit BSE nicht erfolgreich [AFSL].

Die PrP(ARQ/ARQ)-Schafe wurden nach 4, 10, 16 oder 22 Monaten getötet oder erkrankten 20-28 Monate nach der Inokulation. Die Schafe 18, 19 und 20 erkrankten 24, 27 bzw. 28 Monate nach der oralen Inokulation und wurden deshalb getötet. Sie zeigten deutliche Durchlöcherung und verbreitete PrPsc -Akkumulation in Hirn und Rückenmark. Die Muster von Vakuolisierung und PrPsc -Akkumulation unterschieden sich nicht signifikant von normalen Scrapie-Fällen. Genau wie bei normalen Scrapie-Infektionen fand man auch nach BSE-Infektionen PrPsc mit nur einer Ausnahme in allen lymphoretikulären Geweben klinisch erkrankter Schafe. Allerdings war das PrPsc dort deutlich Später als bei Scrapie-Infektionen nachweisbar. Im Thymus konnte PrPsc bei keinem Tier nachgewiesen werden. Nachgewiesen wurde PrPsc aber im Lymphgewebe und im Nervensystem von Dünn- und Dickdarm, gelegentlich in Entzündungsherden in der Schleimhaut des Labmagens und selten auch in den Vormägen Pansen, Netzmagen und Blättermagen. Bei allen in den Peyerschen Platten positiven Schafen und nur bei diesen fand sich PrPsc auch im Meissner Plexus und im in der Darmschleimhaut befindlichen Anteil des autonomen Nervengeflechtes des Magen-Darm-Kanals. Bei allen Schafen mit verbreiteter PrPsc -Akkumulation in lymphoretikulären Geweben fand man PrPsc auch im Eingeweidenervensystem von Zwölffingerdarm, Krumm- oder Hüftdarm, Dickdarm. Kein PrPsc wurde in den vom Gehirn ausgehenden peripheren Nerven (Ischiasnerv und Nervus vagus) sowie im das Zwerchfell steuernden Halsnerven Nervus phrenicus gefunden.

Immunhistochemisch fand man in einem der 4 nach 4 Monaten und bei einem der 4 nach 10 Monaten getöteten Schafe proteaseresistentes Prionprotein in einzelnen Lymphknoten. Aber schon 16 Monate nach der Inokulation fand man bei 2 der 4 getöteten Schafe proteaseresistentes Prionprotein in Eingeweiden (lymphoretikuläre und Gewebe des Verdauungstraktes), Rückenmark und Hirn. 22 Monate nach der Inokulation fand man bei 3 von 5 getöteten Schafen proteaseresistentes Prionprotein in allen untersuchten Organen. Bei den beiden anderen Tieren dieser Gruppe war nur das Zentralnervensystem PrPsc -positiv.

Bei verschiedenen Schafen fand man erste PrPsc -Akkumulationen an unterschiedlichen Stellen, so als ob sich die Infektion an verschiedenen Eingangspforten etabliert hätte. Bei 2 bereits nach weniger als 11 Monaten getöteten Schafen fand man das PrPsc nur in den retropharyngealen Lymphknoten (Nodus lymphaticus retropharyngeus). Bei einem 16 Monate nach der Inokulation getöteten Schaf fand man PrPsc nur in der Milz und in den Peyerschen Platten des Dünndarms. Es gab allerdings auch 2 Schafe, bei denen man das PrPsc mit Ausnahme eines einzigen Darmneurons lediglich im Zentralnervensystem fand. Die Untersuchung einzelner Tiere spricht für eine erste PrPsc -Vermehrung in den die Peyerplatten und den Mundrachenraum entwässernden Lymphknoten, oder unter Umgehung des Immunsystems direkt im Nervensystem. Es scheint lange zu dauern (durchschnittlich vielleicht knapp 16 Monate), bis BSE-Prionen irgendwo im lymphoretikulären System eine Replikation in Gang setzen können, aber danach scheint sich die Infektion relativ rasch (binnen 6 Monaten) im gesamten lymphoretikulären System auszubreiten. Diese ungenauen Zeitangaben könnten deutlich zu lang sein, wenn die Zeitspanne zwischen dem Beginn und der immunhistochemisch nachweisbaren PrPsc -Akkumulation lang ist.

Das PrPsc wurde zuerst im Zytoplasma von Makrophagen (tingible body macrophages) gefunden, die in den Keimzentren (germinal centers) von Lymphknoten die Reste von B-Lymphozyten fressen, welche sich selbst zerstört haben. Danach wurde PrPsc auch in follikulär dendritischen Zellen sekundärer Keimzentren gefunden.

Unabhängig davon, ob es zu einer PrPsc -Akkumulation im lymphoretikulären System kommt, scheint sich nach BSE-Infektionen in PrP(ARQ/ARQ)-Schafen die Infektiosität vom Verdauungstrakt direkt über sympathische Eingeweidenerven ins Rückenmark und über den parasymphatischen Vagusnerv in die Medulla oblongata zu gelangen.

Bei keinem 4-10 Monate nach der oralen Inokulation getöteten Schafe fand man PrPsc im Zentralnervensystem. 16 Monate nach der Inokulation fand man bei 2 der 4 getöteten Schafe PrPsc im Brustbereich des Rückenmarks und in der Medulla oblongata.

22 Monate nach der oralen Inokulation fand man bei allen 5 getöteten Schafen PrPsc in Hirn und Rückenmark. In 2 der 5 Tiere (13 und 14) gab es allerdings im Gehirn keine Löcher und PrPsc war nur am ventralen Rand des dorsalen motorischen Ganglions des Vagusnerven nachweisbar. Bei Schaf 17 fand man PrPsc an vielen Stellen des Gehirnes und im gesamten Rückenmark, in dem allerdings keine Löcher gefunden wurden. Die Schafe 15 und 16 waren bereits erkrankt und zeigten im Gehirn ein ähnliches PrPsc -Verteilungsmuster wie Schaf 17. Bei Schaf 15 fanden sich Löcher nur im dorsalen motorischen Ganglion des Vagusnerven in der Medulla oblongata, in Schaf 16 waren die Löcher weiter verbreitet.

Tabelle 1:

Inkubationszeiten und Akkumulation von PrPsc in Zentralnervensystem und Eingeweiden bei oral inokulierten PrP-ARQ/ARQ-Schafen
Schaf
Nr.
Zeit [Monate] zwischen Inokulation und Nachweis von PrPsc
in den Eingeweiden!
Befunde im ZNS
Obduktion Erkrankung Vakuolen PrPsc
1 4 N +/- - -
2 4 N - - -
3 4 N - - -
4 4 N - - -
5 10 N - - -
6 10 N +/- - -
7 10 N - - -
8 10 N - - -
9 16 N - - -
10 16 N - - -
11 16 N +/- - +/-
12 16 N + - +/-
13 22 N - - +/-
14 22 N - - +/-
15 22 21 + + +
16 22 20 + + +
17 22 N + + +
18 24 24 + + +
19 27 27 + + +
20 28 28 + + +
21* ... ... ... ... ...
Die 4 Kontrollschafe wurden 4, 10, 16 and 22 Monate nach der Inokulation der anderen 21 Schafe getötet und untersucht und lieferten ausschließlich negative Ergebnisse.
! Eingeweide = (lymphoretikuläre und Gewebe des Verdauungstraktes)
+/- = PrPsc nur in einem Teil der Proben nachgewiesen
* = Schaf 21 war bereits erkrankt, lebte aber nach 36 Monate noch Inokulation noch.
N = klinisch normal

Tabelle 2:

PrPsc -Verteilung in den Lymphknoten, Mandeln, Milz und Verdauungstrakt inokulierter PrP-ARQ/ARQ-Schafe
Schaf Nr. Monate zwischen Inokulation und Obduktion Nachweis von PrPsc in
Lymphknoten Mandeln Milz Darm / Peyersche Platten Labmagen Vormägen
SM RP PS MES IC MED
1-8 4-10 - *- - - - - - - - - -
9 16 - - - - - - - - - - -
10 16 - - - - - - - - - - -
11 16 - - - - - - - + + ND -
12 16 + + + + + + + + +§ ND -
13 22 - - - - - - - - - - -
14 22 - - - - - - - - +# - -
15 22 + + + + + + + + + - +
16 22 + + + + + + + + +§ + +
17 22 + + + + + + + + + + +
18 25 + + + + + + + + + + +
19 28 + + + + + + + + + + +
20 29 + + + + + + + + + + +
21& 25 ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ...
SM, submandibular; RP, retropharyngeal; PS, präscapular, MES, mesenterial; IC, ileocaecal; MED, mediastinal; ND, nicht gemacht
* = retropharyngealen Lymphknoten (Nodus lymphaticus retropharyngeus) waren positiv in den Schafen 1 und 6
& = Schaf 21 war bereits erkrankt, lebte aber nach 36 Monate noch Inokulation noch
# = Immunologische Markierung auf ein einziges Eingeweideneuron beschränkt
§ = Im Gewebeblock fehlten die Peyerschen Platten
Die 4 Kontrollschafe wurden 4, 10, 16 and 22 Monate nach der Inokulation der anderen 21 Schafe getötet und untersucht und lieferten ausschließlich negative Ergebnisse.