Nature Medicine - Advance Online Publication, May 2004

Ingrid Schütt-Abraham, 31.05.2004

Gliederung


Bibliographische Angaben

Andreoletti,O.; Simon,S.; Lacroux,C.; Morel,N.; Tabouret,G.; Chabert, A., Lugan, S.; Corbiečrre,F.; Ferre,P.; Foucras,G.; Laude,H.; Eychenne,E.; Grassi,J. and Schelcher,F. - PrPSc accumulation in myocytes from sheep incubating natural scrapie - Nature Medicine - Advance Online Publication, May 2004

Meine Zusammenfassung des Artikels

6 Schafe aus einer TSE-freien Herde neuseeländischen Ursprungs wurde umgerechnet je 0,05g Hirn eines auf natürlichem Wege mit Scrapie infizierten Schafs des Genotyps VRQ/VRQ direkt ins Gehirn injiziert. Nach 332 +/- 13 Tagen erkrankten die Schafe, die dem empfänglichen Genotyp ARQ/ARQ angehörten, an Scrapie. Sie wurden getötet und mittels ELISA und Immunhistochemie (IHC) auf das Vorhandensein von PrPSc in verschiedenen Geweben untersucht.
Bei 4 der 6 Schafe hatte sich PrPSc in Ischiasnerven und Oberarmnerven angesammelt. Bei drei dieser 4 Schafe wurden darüber hinaus regelmäßig geringe Mengen PrPSc in den Muskelspindeln des M. psoas major (Filetmuskel), des M. supraspinatus (Vordergliedmaße) und des M. semimembranosus (Hintergliedmaße) nachgewiesen.

In einem zweiten Versuch wurden Scrapie-empfängliche Schafe des Genotyps VRQ/VRQ aus einer Herde, in der Scrapie natürlicherweise stark verbreitet war, jeweils in Vierergruppen im Alter von 13,5 Monaten (präklinisches Stadium), von 22 Monaten (Auftreten erster klinischer Symptome) und von 24 Monaten (fortgeschrittenes Stadium der Erkrankung) getötet und untersucht. PrPSc wurde bei allen Tieren verbreitet im Lymph- und Zentralnervengewebe nachgewiesen. Bei zwei Schafen war PrPSc jedoch auch im M. semimembranosus nachweisbar. Eins dieser beiden Schafe war 24 Monate alt und bereits klinisch erkrankt. Es wäre daher nicht mehr in die Normalschlachtung gelangt. Das andere Tier befand sich jedoch noch 8 Monate vor dem zu erwartenden Ausbruch der Erkrankung und erschien klinisch gesund. Es hätte daher bei der Schlachtung nur durch einen TSE-Schnelltest entdeckt werden können.
PrPSc wurde sowohl im Ischiasnerv als auch in den Muskelspindeln dieser beiden Schafe gefunden. Dabei waren im klinischen Stadium 5 von 5 Muskelspindeln betroffen, im präklinischen Stadium lediglich eine von 5.

In einem dritten Versuch wurden 14 neugeborene Lämmer des Scrapie-empfänglichen Genotyps VRQ/VRQ und 20 neugeborene Lämmer des Scrapie-resistenten Genotyps ARR/ARR mit je 5 g Material aus dem Hirnpool an Scrapie erkrankter Schafe des Genotyps VRQ/ARQ oral infiziert. Hiermit sollte untersucht werden, ob eine hohe Infektionsdosis die Ausbreitung der Erreger im Körper verstärkt. Die Tiere wurden in Gruppen aus je 2 VRQ/VRQ und 4 ARR/ARR Schafen 18, 30, 90, 180 und 365 Tage nach der Inokulation getötet und auf das Vorhandensein von PrPSc in ihren Geweben untersucht.
Der massive Infektionsdruck verkürzte die Inkubationszeit, die unter natürlichen Bedingungen in der Herde um 680 Tage betrug, bei den experimentell infizierten empfänglichen Schafen um rund 240 Tage. So zeigten bereits 440 Tage nach der Inokulation auch die verbliebenen 4 empfänglichen Tiere klinische Symptome. Von den 20 ARR/ARR-Schafen erkrankte hingegen keins.
Bereits 90 Tage nach der Inokulation konnte mittels ELISA in Muskeln und Nerven der empfänglichen VRQ/VRQ-Lämmer PrPSc nachgewiesen werden. 180 Tage nach der Inokulation wurde dieses Vorkommen auch mittels Immunopräzipitation und Western Blot bestätigt. In diesem Stadium der Inkubation fand sich PrPSc zwar in den Nerven und deren intramuskulären Ursprüngen, jedoch noch nicht in den Muskelspindeln. Letztere enthielten jedoch schon in 12 Monate alten Schafen (präklinisches Stadium) PrPSc. In klinisch erkrankten Schafen wurden PrPSc nicht nur in den Muskelspindeln von Psoas, Supraspinatus und Semimembranosus, sondern auch von Zwerchfell und Zungenmuskulatur mittels ELISA, PET-Blot und Immunhistochemie nachgewiesen. Dies spricht für einen ausgebreiteten Befall der Muskulatur. Bei den 20 ARR/ARR-Schafen gelang der PrPSc-Nachweis hingegen in keinem der mittels ELISA und Immunhistochemie untersuchten Gewebe.

Der qualitative Nachweis von PrPSc lässt jedoch noch keine Rückschlüsse auf die Infektiosität der befallenen Muskulatur zu. Daher wurde deren PrPSc-Gehalt mit dem des Obex eines klinisch an Scrapie erkrankten VRQ/VRQ-Schafes verglichen. Dessen Infektiosität war mittels Titration in Schaf-Prionprotein exprimierenden transgenen Mäusen und intracerebraler Inokulation mit 106.6ID50 pro g Gewebe ermittelt worden.
Alle PrPSc-Gehalte der Muskulatur natürlich infizierter Schafe lagen unter 4 pg/mg, während in Gehirn und Lymphknoten über 2 x 104 pg/mg festgestellt wurden. Die Autoren leiten daraus eine etwa um den Faktor 5000 geringere Infektiosität der Muskulatur im Vergleich zum Gehirn ab.