The Veterinary Record 1999 Oct 16; 145(16): 460-2

Dr. Ingrid Schütt-Abraham, 12.7.2001

Gliederung


Bibliographische Angaben

Anil,M.H.; Love,S.; Williams,S.; Shand,A.; McKinstry,J.L.; Helps,C.R.; Waterman-Pearson,A.; Seghatchian,J.; Harbour,D.A. - Potential contamination of beef carcases with brain tissue at slaughter - The Veterinary Record 1999 Oct 16; 145(16): 460-2

Meine Zusammenfassung des Artikels

Material und Methoden
60 Rinder wurden über intravenösen Dauerkatheter in einer Jugularvene mit 1 mg / kg Körpergewicht Ketamin und 0,6 mg / kg Körpergewicht Xylazin narkotisiert und die Narkose mit einer kontinuierlichen Infusion (20 ml / min, 0,01% Xylazin, 0,1% Ketamin, 5 % Guaiphenesin) zur Stabilisierung der Herztätigkeit aufrechterhalten. Anschließend wurden den Tieren Foley-Katheter (Ballon-Katheter) in die andere Jugularvene eingesetzt und unmittelbar vor der Bolzenschussbetäubung aufgeblasen.

Die Bolzenschussbetäubung erfolgte
  1. mit einem druckluftinjizierenden Bolzenschussgerät der Firma Hantover, bei dem die injizierte Druckluft gleichzeitig zur Rückenmarkszerstörung führte,
  2. mit einem konventionellen (d.h., penetrierenden munitionsangetriebenen) Bolzenschussgerät (Marke Cow Puncher der Firma Accles and Shelvoke mit anschließendem Gebrauch eines Rückenmarkszerstörers,
  3. mit dem gleichen Gerät ohne anschließende Rückenmarkszerstörung, und
  4. mit einem nicht-penetrierenden munitionsangetriebenen Bolzenschussgerät (Marke Cash Knocker der Firma Accles and Shelvoke.

Der Ansatz des Bolzenschussgerätes erfolgte auf dem Kreuzungspunkt der Verbindungslinien zwischen dem caudalen Augenwinkel und dem Hornansatz der gegenüberliegenden Seite. In den ersten 60 Sekunden nach dem Schuss wurde das Blut aus den Foley-Kathetern in 10-Sekunden-Intervallen in 250 ml - Flaschen aufgefangen, wobei die Blutgerinnung durch Zitratzusatz verhindert wurde. Anschließend wurden die Tiere wie im Schlachtbetrieb im Hängen weiterentblutet.

Von jeder Blutprobe wurde 1 ml Vollblut mit einem selbstentwickelten ELISA auf Syntaxin 1-B, ein ausschließlich und reichlich in Nervenzellen vorkommendes Membranprotein, sowie auf Annexin V, ein gerinnungshemmendes Zytoplasma-Protein, das als allgemeiner Indikator einer Zellschädigung diente, untersucht. Die restlichen 9 ml jeder Probe wurden zentrifugiert und die Leukozytenschicht zwischen Blutplasma und sedimentierten Erythrozyten (buffy coat) in der gleichen Menge 20%igen Formalins fixiert, durch weitere Zentrifugation pelletiert und in Paraffin eingebettet. Vorversuche mit künstlich kontaminiertem Blut hatten gezeigt, dass sich Zentralnervengewebe zusammen mit dem "buffy coat" absetzte. Die Paraffinblöcke wurden mehrfach in Scheiben geschnitten und nach HE-Färbung sowie immunozytochemischer Färbung von S100ß - Protein (Dako) histologisch untersucht.

Die Nachweisgrenze des in der Arbeit ausführlich beschriebenen ELISA zur Syntaxin 1-B-Bestimmung lag bei 1 bis 2 Nanogramm Syntaxin 1-B pro Milliliter Vollblut, die des ELISA für Annexin V bei 0.125 Nanogramm pro Milliliter.

Ergebnisse
Bei vier der 15 mit dem druckluftinjizierenden Bolzenschussgerät betäubten und getöteten Rindern wurde Zentralnervengewebe im Jugularvenenblut nachgewiesen. Sowohl nach HE-Färbung als auch nach immunozytochemischer Färbung wurden mehrfach Gehirngewebsfragmente bei der mikroskopischen Untersuchung gefunden. Gleichzeitig gelang bei diesen Tieren der Syntaxin 1-B - sowie der Annexin V - Nachweis im Plasma. Das Jugularvenenblut eines weiteren Tieres dieser Gruppe war ebenfalls Syntaxin 1-B und Annexin V positiv, jedoch ließ sich histologisch kein Gehirngewebe nachweisen.

Auch bei einem der 16 Tiere, die mit dem konventionellen Bolzenschussgerät betäubt und anschließendem Gebrauch des Rückenmarkszerstörers getötet wurden, gelang der histologische Nachweis von Gehirngewebe (sowohl nach HE-Färbung als auch immunozytochemisch). Im Blut dieses Tieres wurden zudem Syntaxin 1-B und Annexin V nachgewiesen.

Bei den 15 Tieren, die mit konventionellem Bolzenschussgerät ohne anschließende Rückenmarkszerstörung betäubt wurden, sowie den 14 Tieren, die mit dem nicht-penetrierenden Gerät betäubt wurden, ließ sich hingegen weder Gehirngewebe noch Syntaxin 1-B oder Annexin V im Blut nachweisen.

Das Gehirngewebe war mikroskopisch als solches zu erkennen, sein Nachweis wurde jedoch durch die immunozytochemische Anfärbung des S100ß-Proteins erleichtert. Die unter dem Mikroskop sichtbaren multiplen Fragmente variierten in der Größe. Einige hatten einen Durchmesser von weniger als 50 Mikrometern. Sowohl Syntaxin 1-B - als auch Annexin V wurden etwa zeitgleich zwischen 20 und 40 Sekunden nach dem Bolzenschuss im Jugularvenenblut nachgewiesen.

Diskussion
Die Ergebnisse zeigen, dass die Bolzenschussbetäubung mit druckluftinjizierenden Geräten, aber auch der in rund 70% der britischen Schlachtbetriebe erfolgende Einsatz des Rückenmarkszerstörers zur Verschleppung von Zentralnervengewebe in den Blutkreislauf führen kann. Diese Gewebsfragmente können innerhalb 30 Sekunden im Jugularvenenblut nachgewiesen werden. Angesichts der geringen Größe mancher Partikel ist damit zu rechnen, dass Gehirngewebsteilchen innerhalb der in britischen Schlachtbetrieben üblichen Zeitspanne von 90 Sekunden zwischen Schuss und Entblutung nicht nur bis zur Lunge gelangen, sondern dass die kleinsten davon diese auch passieren und über den großen Kreislauf in essbare Gewebe verschleppt werden können.

Copyright Dr. Ingrid Schütt-Abraham


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