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AU Poser,S.
TI BSE und Creuzfeldt-Jakob-Krankheit. Welche Beziehung gibt es?
QU Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 2001 Apr; 44(4): 321
PT Editorial
VT
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Verunsicherung der Bevölkerung ist seit Auftreten von BSE bei einem in Deutschland geborenen Rind im November 2000 groß. Die immer wieder an Experten gestellte Frage "kann man noch Rindfleisch und Wurst essen?" taucht überall auf und wird ergänzt durch die Besorgnis, ob Gelatine, Arzneimittel und Kosmetika als sicher gelten können.Die Bevölkerung versteht nicht, warum Wissenschaftler diese Frage nicht klar beantworten können und sie wird deshalb oft persönlich formuliert:"Essen Sie noch Rindfleisch?".
Journalisten haben die Marktlücke längst entdeckt und neue Titel wie "BSE - die Wahnsinnsseuche" sind bereits auf dem Markt. Auch wir Wissenschaftler müssen uns deshalb um Darstellung der komplizierten Sachverhalte bemühen und allgemein verständliche Informationen liefern, die sowohl die Ärzteschaft als auch andere Disziplinen und interessierte Laien erreichen.
Das Bundesgesundheitsblatt publiziert in diesem Heft erschiedene Artikel, die zur Aufklärung beitragen.
Entsprechend dem Hauptinteresse der Bevölkerung an der Infektionsgefahr durch Nahrungsmittel befasst sich der Beitrag von Laube und Mitarbeitern mit einer eleganten PCR-Technik zum Nachweis on Rindfleisch in Lebensmitteln. Im Hinblick auf den kürzlich entdeckten Etikettenschwindel vieler Wurstprodukte ist ein solches Nachweisverfahren von besonderer Bedeutung.
Neben der Sicherheit von Nahrungsmitteln muss sich das Gesundheitswesen aber auch um Arbeitsplatzsicherheit und Umgang mit Risikomaterialien kümmern. So enthält das Heft einen Artikel über spezielle Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor Infektionen durch BSE-Erreger, die in einer Empfehlung des Ausschusses für biologische Arbeitsstoffe niedergelegt sind. Speziell mit den Vorkehrungen bei veterinärmedizinischen Untersuchungen befasst sich die Empfehlung der Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere. Die Sicherheitsanforderungen für Tierarzneimittel und kosmetische Mittel bezüglich BSE werden in einem Beitrag von Runkel und Mitarbeitern referiert.
Schließlich ist auch eine ausführliche Information über das Krankheitsbild der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit und seiner neuen Variante in diesem Heft enthalten.Obwohl die neue Variante in Deutschland bisher nicht diagnostiziert wurde, muss mit ihrem Auftreten auch hier gerechnet werden, und die Surveillance-Studie in Göttingen und München geht jedem Verdacht sorgfältig nach. Immer häufiger tauchen Pressemeldungen über angebliche Fälle auf, bisher hat sich (noch) keiner bestätigt.
Trotz aller Schwierigkeiten, die durch die Beunruhigung der Bevölkerung in den letzten Monaten für die Wissenschaftler aufgetreten sind (ich erwähne nur die pausenlosen Expertentreffen, die uns von der Arbeit abhalten), sind zwei positive Aspekte hervorzuheben: Einmal steht jetzt Geld für Forschungsvorhaben zur Verfügung, und es erbessert sich die dringend notwendige Absprache zwischen den zuständigen Ministerien auf Bundes- und Landesebene. Ein integratives Konzept ist erforderlich, das einerseits die vorhandenen Forschungsaktivitäten bündelt, innovative Gruppen fördert und andererseits verhindert, dass Gelder in überflüssige Forschungsprojekte fließen. Dringlich ist außerdem ein Abgleich der Vorschriften der WHO, der EG sowie der Bundes- und Landesbehörden. Es ist ratsam, dass alle von der sogenannten "Worst-Case"-Kalkulation ausgehen, d.h. dass alle notwendigen Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, jedoch unsinnige politisch motivierte Aktionen vermieden werden.
Ihre
Sigrid Poser
AD Prof. Sigrid Poser ; Neurologische Klinik und Poliklinik, Georg-August-Universität, Robert Koch-Str. 40, 37075 Göttingen
SP deutsch
PO Deutschland