NR ANTH
AU Wells,G.A.H.; Hawkins,S.A.C.; Austin,A.R.; Ryder,S.J.; Done,S.H.; Green,R.B.; Dexter,I.; Dawson,M.; Kimberlin,R.H.
TI Studies of the transmissibility of the agent of bovine spongiform encephalopathy to pigs
QU Journal of General Virology 2003 Apr; 84(4): 1021-31
PT journal article
AB Studies to test the transmissibility of the bovine spongiform encephalopathy (BSE) agent to pigs began in 1989. Parenteral inoculation of the agent by three routes simultaneously (intracranially, intravenously and intraperitoneally) produced disease with an incubation period range of 69-150 weeks. Pre-clinical pathological changes were detected in two pigs killed electively at 105 and 106 weeks post-inoculation. Infectivity was detected by bioassay in inbred mice in the CNS of those pigs that developed spongiform encephalopathy. Infectivity was also found in the stomach, jejunum, distal ileum and pancreas of terminally affected pigs. These findings show that pigs are susceptible to BSE. In contrast, disease failed to occur in pigs retained for 7 years after exposure by feeding BSE-affected brain on three separate days, at 1-2 week intervals. The amounts fed each day were equivalent to the maximum daily intake of meat and bone meal in rations for pigs aged 8 weeks. No infectivity was found in tissues assayed from the pigs exposed orally. This included tissues of the alimentary tract. It is suggested that these pigs did not become infected. The relatively high oral exposure used in these experiments compared with feed-borne exposure in the field may explain the absence of an epidemic of spongiform encephalopathy in domestic pigs concurrent with the BSE epidemic in the UK.
IN
Aus dem Jahr 1978 gibt es einen Bericht über einen vergeblichen Versuch zur Übertragung von Kuru auf das Schwein [ATWG,1978].
Im Februar und März 1989 wurden mit 10%igem Hirnstammhomogenat von 4 BSE-Rindern parenteral (0,5 ml intrazerebral, 8-9 ml intraperitoneal und 1-2 ml intravenös) im Alter von 1-2 Wochen 10 Ferkeln inokuliert. Als Negativkontrollen injizierte man 11 Schweinen statt Hirnhomogenat nur Salzlösung. Eines der inokulierten Schweine starb nach 10 Tagen und wurde durch eines der Kontrolltiere ersetzt. Zwei weitere inokulierte Schweine (nach 47 bzw. 50 Wochen) und zwei Kontrollschweine mussten ebenfalls vorzeitig krankheitsbedingt getötet werden. Die erfolgreiche Übertragung von BSE auf eines der restlichen 8 Empfängerschweine wurde 1990 gemeldet [ANHT,1990] und später von Dawson et al. [APSA,1991] sowie Kimberlin [ATWH,1994] bestätigt. Dieses Tier musste 74 Wochen nach der Inokulation getötet werden. Bruce et al. konnten 1994 ist auch zeigen, dass das Gehirn dieses mit BSE infizierten Schweins für Mäuse infektiös war [ABXD,1994]. Drei weitere Empfängerschweine wurden nach 105-107 Wochen ohne klinische Symptome getötet und bei zwei dieser drei Schweine wurden histopathologisch Anzeichen für eine erfolgreiche BSE-Übertragung gefunden [ATWI,1994,ATWJ,1998]. Die restlichen 4 Empfängerschweine entwickelten neurologische Symptome und mussten deshalb nach 139, 151, 152 bzw. 163 Wochen getötet werden. Bei den 5 erkrankten Tieren lagen die Inkubationszeiten zwischen 69 und 150 Wochen und sie mussten nach Krankheitsphasen von 5-13 Wochen getötet werden. Genau wie zwei von drei vorzeitig getöteten Empfängerschweinen fand man auch bei allen fünf erkrankten Schweinen neuropathologisch Vakuolisierungen als Anzeichen für eine TSE-Diagnose und konnte sie auch immunhistopathologisch sowie durch die Bioassays in verschiedenen Geweben bestätigen. Die folgende Tabelle zeigt die Ergebnisse der Bioassays.
Wochen nach der Inokulation
Gewebe 74 105-107 139-163 255-263
Hirnrinde + + + +
Rückenmark + +
Milz + +
Thymus +
mesenterialer Lymphknoten + +
Magen +
Jejunum +
distales Ileum +
Pankreas +
Leber + +
Niere + +
Die erste Spalte steht für ein einziges sehr früh erkranktes Schwein. Die zweite Spalte steht für 4 gesunde Kontrollschweine und 3 gesunde Empfängerschweine, von denen sich 2 als infiziert erwiesen. Die dritte Spalte steht für ein gesundes Kontrollschwein und 4 bereits erkrankte Empfängerschweine, deren Gewebe für den Bioassay jeweils vereinigt wurden. Die vierte Spalte steht für 4 gesunde Negativkontrollen, deren Gewebe individuell überprüft wurden.
Von den Geweben des bereits nach 74 Wochen getöteten Schweins führte nur das Gehirn bei 17 von 19 Empfängermäusen zu tödlichen Infektionen mit Inkubationszeiten von durchschnittlich 594 Tagen. Bei einem schon nach 105 Wochen getöteten gesunden Empfängerschwein infizierte Hirngewebe 16 von 19 Mäusen tödlich mit Inkubationszeiten von durchschnittlich 579 Tagen, aber auch Rückenmark dieses Schweins tötete 17 von 20 Mäusen mit Inkubationszeiten von durchschnittlich 623 Tagen. Bei einem schon nach 106 Wochen getöteten gesunden Empfängerschwein infizierte Hirngewebe alle 20 Mäuse tödlich mit Inkubationszeiten von durchschnittlich 544 Tagen, während das Rückenmark dieses Schweins nur 13 von 20 Mäusen mit Inkubationszeiten von durchschnittlich 585 Tagen tötete. Bei den nach 139-163 Wochen krankheitsbedingt getöteten Empfängerschweinen wurden die jeweils gleichen Gewebe vereinigt. Das vereinigte Hirngewebe dieser 4 Schweine tötete 17 von 20 Mäusen mit Inkubationszeiten von durchschnittlich 525 Tagen. Die Infektiosität des Rückenmarks wurde nicht getestet. Von den getesteten übrigen Geweben waren nur der Magen bei 1 von 13 Empfängermäusen mit einer Inkubationszeit von 708 Tagen, das Jejunum bei 4 von 19 Empfängermäusen mit Inkubationszeiten von durchschnittlich 603 Tagen, das distale Ileum bei 2 von 19 Empfängermäusen mit Inkubationszeiten von durchschnittlich 637 Tagen und der Pankreas bei 1 von 14 Empfängermäusen mit einer Inkubationszeit von 599 Tagen tödlich. Die langen Inkubationszeiten zeigen aber, dass der Bioassay in diesem Experiment mit einer relativ geringen Sensitivität funktionierte. Wahrscheinlich litt das Experiment an einer natürlich nicht vorhersehbar hohen Speziesbarriere zwischen BSE-infizierten Schweinen und den verwendeten Empfängermäusen. Im Schwein vermehrt sich daher der BSE-Erreger wahrscheinlich in einer noch größeren Anzahl von Organen, als es hier gezeigt werden konnte. Vermutlich ähneln BSE-infizerte Schweine in dieser Hinsicht eher BSE-infierten Schafen als BSE-infizierten Rindern. Es ist aber auch möglich, dass man in den bereits klinisch erkrankten Schweinen nur die unspezifische Ausbreitung der Infektiosität vom ZNS in die Peripherie am Ende der Inkubationszeit nachweisen konnte.
Letztlich wurden 7 von 8 Empfängerschweinen intrazerebral eindeutig erfolgreich mit BSE inokuliert. Neuropathologische Details wurden von Ryder et al. bereits publiziert [AKGY,2000]. Bei den intrazerebral nur mit Salzlösung inokulierten Kontrolltieren fand man keinerlei Anzeichen für eine TSE, obwohl alle Schweine Kraftfutter erhielten, welches auch Tiermehl enthielt. Hätte man die Schweine mit garantiert BSE-freiem Futter gefüttert, dann hätte man als sinnvollere Negativkontrolle die Kontrolltiere intrazerebral mit Hirnhomogenat garantiert BSE-freier Rinder inokulieren können. Die Beschaffung solcher Rinder wäre aber wohl aufwändig geworden.
Selbstverständlich wollte man nicht nur wissen, ob Schweine überhaupt mit BSE infizierbar sind. Entscheidend war die Frage, ob sie auch oral infizierbar sind. Anstatt dies aber wegen der vergleichsweise extrem geringen Anzahl von Versuchstieren mit einer sehr großen Menge infekiösen Materials zu tun, wollte man es nur mit der maximalen Menge versuchen, die ein kommerziell gehaltenes Schwein während eines Lebens in Form von Tiermehl aufnehmen könnte. Man errechnete, dass Schweine üblicherweise während der ersten 3 Monate ihres kurzen Lebens bis zur Schlachtung etwa 56 kg Nahrungskonzentrat erhalten. Zieht man davon den Wassergehalt ab und geht von einem maximalen Tiermehlanteil von 15% aus, den könnte ein kommerziell aufgezogenes Schwein in den ersten 3 Monaten höchstens 80 g Tiermehl pro Tag fressen. Die Umrechnung der Autoren auf Hirnhomogenat ist für mich nicht nachvollziehbar, aber man wollte jedenfalls an jedes Empfängerferkel in Abständen von 1-2 Wochen 3 mal 400 g 10%iges Hirnhomogenat verfüttern. Seltsamerweise sprechen die Autoren dann aber im Methodenteil und in der Diskussion von insgesamt 1,2 kg infizierten Hirns pro Schwein und lassen dabei die Verdünnung unberücksichtigt. In Wirklichkeit haben die Ferkel nur durchschnittlich 120 g infektiöses Rinderhirn erhalten, was allerdings auch schon eine erhebliche Menge ist. Dem steht aber die sehr geringe Anzahl von nur 10 Versuchstieren gegenüber, während in der Landwirtschaft Hunderte von Millionen Schweinen mit Tiermehl gefüttert wurden. Außerdem wurden in diesem Verfütterungsexperiment 4 der ohnehin nur 10 Empfängerschweine nach nur 2 Jahren getötet und drei weitere Schweine mussten nach 80, 173 bzw. 265 Wochen krankheitsbedingt vorzeitig getötet werden. Lediglich 3 Empfängerschweine ließ man immerhin 7 Jahre am Leben und tötete sie nach 366 bzw. 367 Wochen.
Im Jahr 1990 oder 1991 wurde mit einem Homogenat aus 29 Rinderhirnen von bestätigten BSE-Fällen aus dem Jahr 1990 eine weitere orale Inokulation von Schweinen versucht [APSA,1991]. Dazu wurden 5 schwangere Säue verschiedener Rassen gekauft. Für die Verfütterungsgruppe und für die Kontrollgruppe wurden von jeder der 5 Rassen jeweils ein weibliches und ein kastriertes männliches Ferkel im Alter von 7-8 Wochen ausgesucht. Der Verfütterungsgruppe von 10 Ferkeln wurden im Mai und Juni 1990 dreimal jeweils 4 kg des Homogenates gegeben, und jedes soll etwas davon gefressen haben. Demnach hätten 10 Ferkel jeweils rund 1,2 kg Hirnhomogenat gefressen. Die Kontrollgruppe bekam ganz normales Futter und wurde getrennt von den inokulierten Tieren gehalten. Da frage ich mich allerdings, was man unter diesen Umständen eigentlich noch kontrollieren wollte. Weder hatte man so eine Negativkontrolle im Hinblick auf die Verfütterung nicht infektiösen Hirnmaterials, noch hätte man damit eine Verfälschung des Experiemtnes durch horizontale Übertragungen kontrollieren können. Die ersten jeweils 5 Versuchs- und Kontrolltiere wurden schon 2 Jahre nach der Inokulation getötet, die restlichen Tiere nach 7 Jahren. Den Empfängerschweinen wurden jeweils Hirnrinde, Medulla oblongata, Rückenmark, Musculus semitendinosus, Milz, Thymus, retropharyngealer Lymphknoten (Nodus lymphaticus retropharyngeus), mesenterialer Lymphknoten, Kniekehlen-Lymphknoten, Magen, distales Ileum, Pankreas, Leber und Niere entnommen und histopathologisch, immunhistochemisch, elektronenmikroskopisch und durch intrazerebrale (20 µl) sowie intraperitoneale (100 µl) Inokulation von je 20 C57BLJ6- und RIII-Mäusen mit 10%igen Gewebesuspensionen untersucht. Für die Bioassays wurden die Gewebe der nach 80-109 Wochen getöteten Schweine wurden ebenso zusammen gemischt (pooled) wie die Gewebe der nach 350-371 Wochen getöteten. Die RIII-Empfängermäuse wurden nach 650 Tagen getötet, die C57BLJ6-Mäuse nach 700 oder 950 Tagen. Mit keiner dieser Methoden fand man bei einem der Empfänger- oder Kontrolltiere Anzeichen für eine TSE-Infektion.
AD Veterinary Laboratories Agency, Woodham Lane, New Haw, Addlestone, Surrey KT15 3NB, UK. g.a.h.wells@vla.defra.gsi.gov.uk
SP englisch
PO England
ZF kritische Zusammenfassung von Roland Heynkes