Veterinary Record 2001 Mar 17; 148(11): 345-6

Roland Heynkes, 15.5.2001 (aktualisiert am 23.5.2001)

Gliederung

bibliographische Angaben
meine Zusammenfassung des Artikels
Literaturliste

bibliographische Angaben

Taylor,D.M.; Fernie,K.; Steele,P.J.; Somerville,R.A. - Relative efficiency of transmitting bovine spongiform encephalopthy to RIII mice by the oral route - Veterinary Record 2001 Mar 17; 148(11): 345-6

meine Zusammenfassung des Artikels

Binnen 547 Tagen erkrankten 12 von 15 RIII-Mäusen, nachdem sie in einer Nacht mit jeweils 300 mg BSE-infektiösen Hirnhomogenates gefüttert worden waren. Das Übertragungsexperiment mit insgesamt 4,5 Gramm Hirnhomogenat wurde nach 769 Tagen beendet.

Bei gleichzeitig intrazerebraler und intraperitonealer Inokulation von RIII-Mäusen hatte dieses Hirnhomogenat 104,1 = 12.589 LD50-Einheiten pro Gramm oder insgesamt 56.652 für die Hälfte der damit gefütterten RIII-Mäuse tödliche Enheiten. Direkt in die Hirne von 56.652 Mäusen injiziert, hätte man also mit den 4,5 g Hirnhomogenat 28.326 Erkrankungen produzieren können. Dies sind 28.326 / 12 = 2360 mal so viele, wie man mit oraler Übertragung erzielte. Allerdings wurden da auch nur 15 Mäuse inokuliert, sodaß man sich bereits im Sättigungsbereich befand und der Unterschied in Wirklichkeit geringer war. Die Autoren errechneten den Faktor 700, erläutern aber leider ihre Kalkulation nicht. Vielleicht haben sie irgendwie die Tatsache mit einbezogen, daß eine intrazerebrale weniger effektiv als eine intrazerebrale und gleichzeitig intraperitoneale Inokulation ist [AEEK].

Die Autoren meinen, daß bei einer 10-fach größeren Verdünnung vermutlich nur 1-2 Mäuse erkrankt wären. Sie lassen also den Sättigungseffekt unberücksichtigt und sie schließen daraus auch, die orale Übertragung von BSE funktioniere bei RIII-Mäusen etwa 300-fach effizienter als bei C57BL-Mäusen. Dies ist sehr gewagt, denn die C57BL-Mäuse wurden nicht unter exakt gleichen Bedingungen in einem Parallelexperiment, sondern bereits Ende der 80er Jahre von Barlow und Middleton [ANCB, ANCC] oral infiziert. Damals erkrankten 5 von 7 mit durchschnittlich 9,1 g Gehirnhomogenat gefütterten C57B1-Mäusen binnen 435-504 Tagen. Die restlichen 2 wurden 662 Tage nach Beginn der Fütterung getötet und hatten keine histopathologisch eindeutigen BSE-Schädigungen. Bei so kleinen Zahlen kann man sicher nicht von einem signifikanten Unterschied zwischen 5 von 7 und 12 von 15 sprechen und insofern besteht der einzige offensichtliche Unterschied zwischen beiden Experimenten darin, daß Barlow und Middleton [ANCB, ANCC] die 30-fache Hirnmenge einsetzten. Vielleicht erinnerten sich Taylor et al. nicht mehr so genau an dieses alte Experiment, denn ihre Berechnung des Unterschiedes liegt um eine Größenordnung höher.

Ebenso seltsam ist die Behauptung der Autoren, die RIII-Mäuse erkrankten deutlich früher als C57B1-Mäuse. Schließlich erkrankten die RIII-Mäuse binnen 547 Tagen, die C57B1-Mäuse aber schon binnen 435-504 Tagen.

Die Autoren schreiben auch, beim Verfütterungsexperiment von Barlow und Middleton habe die eingesetzte infektiöse Dosis nahe an der Mindestdosis gelegen. Abgesehen davon, daß man mit weniger als einem Dutzend Mäusen sicher nicht im Entferntesten die infektiöse Mindestdosis ermitteln kann, spricht eine Erkrankungsrate von 5/7 wohl eher für eine hohe Dosis. Um die BSE-Empfänglichkeiten zweier Mausstämme wirklich sauber zu vergleichen, hätte man eine Verdünnungsreihe aus einem Hirnhomogenat herstellen und gleiche Mengen jeder Verdünnungsstufe an jeweils viele Mäuse beider Stämme verfüttern müssen. Um auch den Effizienzunterschied zwischen oraler und intrazerebraler Inokulation sauber zu bestimmen, hätte man Proben von der selben Verdünnungsreihe auch Mäusen beider Stämme in die Gehirne injizieren müssen.

Dennoch meinen die Autoren, man könne ihr statistisch sehr unsicheres Ergebnis für eine Vorhersage der nvCJK-Epidemie gebrauchen.

Literaturliste

ANCB . Barlow,R.M.; Middleton,D.J. - Dietary transmission of bovine spongiform encephalopathy to mice - Veterinary Record 1990 Feb 3; 126(5): 111-2

ANCC . Barlow,R.M.; Middleton,D.J. - Oral transmission of BSE to mice - Sub-Acute Spongiform Encephalopathies, edited by Ray Bradley, Marc Savey and Brian Marchant - Proceedings of a Seminar in the CEC Agricultural Research Programme, held in Brussels, 12-14 November 1990, 1991; 55: 33-9 in Current Topics in Veterinary Medicine and Animal Science

AEEK . Fraser,H.; Bruce,M.E.; Chree,A.; McConnell,I.; Wells,G.A. - Transmission of bovine spongiform encephalopathy and scrapie to mice - Journal of General Virology 1992 Aug; 73(8): 1891-7

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