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Wozu brauchen wir eine private BSE-Chronik?

Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) führt eine offizielle Chronik der deutschen BSE-Fälle. Wozu also braucht man dann noch zusätzliche private BSE-Chroniken? Ich persönlich leiste diese ehrenamtliche Arbeit aus folgenden Gründen:

  1. Ich benötige gelegentlich für meine eigene epidemiologische Arbeit zuverlässige und möglichst detaillierte Daten.
  2. Das Bundesverbraucherministerium macht in seiner BSE-Chronik keinerlei Angaben darüber, ob und gegebenenfalls wo und wem ein BSE-Tier bereits vor der Schlachtung durch spezifische oder unspezifische BSE-Symptome auffiel. Weil diese Daten für die epidemiologische Forschung sehr wichtig sind, findet man sie in meiner Chronik, sofern ich sie ermitteln kann. Leider sind die meisten zuständigen Länderministerien in dieser Hinsicht wenig auskunftsbereit und das Bundesvebraucherministerium darf die Informationen nur mit Einverständnis der Länder publik machen.
  3. Erstaunlicherweise enthält die BSE-Chronik des Bundesministeriums etliche sachliche Fehler. Diese Fehler werden aber erst durch den Vergleich mit alternativen Chroniken erkennbar und meine Chronik liefert Sprungverweise zu den jeweiligen Quellen, damit man meine Angaben auch überprüfen kann.
  4. Die offizielle BSE-Chronik verschweigt BSE-Verdachtsfälle und macht es damit unmöglich, die Quote falsch positiver BSE-Tests abzuschätzen. Glücklicherweise beweist das bayrische Ministerium für Verbraucherschutz in seinen Pressemeldungen mehr Offenheit, sodaß meine Chronik wenigstens für Bayern Aussagen über die Entwicklung der Testzuverlässigkeit ermöglicht.
  5. Die BSE-Chronik des Bundes neigt nicht gerade zu übertriebener Aktualität, weil das Bundesministerium auf moderne Kommunikationsmittel verzichtet und nach eigener Aussage neue Fälle erst dann in seine Chronik aufnimmt, wenn sie ihm auf dem Dienstweg brieflich mitgeteilt werden.

Was die neue Verbraucherministerin Renate Künast anfangs versprach und was wir in Deutschland wirklich dringend bräuchten, ist eine neue Kultur der Offenheit und Ehrlichkeit im Umgang auch mit unangenehmen und Konsum nicht unmittelbar fördernden Informationen. Dazu gehört auch das beispielsweise von der NRW-Landwirtschaftsministerin Bärbel Höhn geforderte Recht der BürgerInnen auf Teilhabe an den von ihren Behörden gesammelten Daten. Ein gutes Beispiel für wirklich informative und aktuelle Internetseiten liefert das britische Landwirtschaftsministerium, wo man längst aus der berechtigten Kritik an seiner früheren Verschlossenheit gelernt hat. In Deutschland findet man die größte Informationsbereitschaft nach anfänglichen Problemen in Baden- Württemberg und Bayern. Man kann nur hoffen, daß man sich irgendwann selbst in Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein dazu durchringt und wenigstens die allernotwendigsten Daten zur Verfügung stellt.

Seit dem 27.11.2001 liefert Baden-Württemberg nähere Informationen zu seinen bestätigten BSE-Fällen. Bayern will bald nachziehen. Hoffentlich finden bald auch andere Bundesländer zu dieser respektablen Informationspolitik!

In 12 Monaten bis März 2002 wurde diese Chronik 11.400 mal von Informationssuchenden aufgerufen, aber nur 5 von ihnen haben in dieser Zeit selbst durch Übermittlung von Informationen zur Qualität dieser Liste beigetragen. Verbraucherschutz und BSE-Ursachenforschung lassen sich aber nicht ausreichend verbessern, wenn man die ganze Arbeit einigen Wenigen überläßt und diese damit überfordert. Daher bitte ich alle an BSE interessierten BesucherInnen dieser Seite, mir zusätzliche Details zu den BSE-(Verdachts-)Fällen zu übermitteln.

Meine Liste erfaßt nur die seit November 2000 gemeldeten Fälle. Die in früheren Jahren in Deutschland diagnostizierten BSE-Fälle bei Importrindern aus Großbritannien und der Schweiz finden Sie in der offiziellen BSE-Statistik des Bundes.

Einen Einblick in die Abgründe der Verhältnisse vor Einführung der BSE-Schnelltests gibt die von Frau Dr. Köster-Lösche geführte Tabelle der nicht korrekt abgeklärten BSE-Verdachtsfälle, die es allein im Schlachthof Bad Bramstedt gab. Konsequenzen für diese Schlamperei hatte nur die mutige und inzwischen hierfür mit dem angesehenen Whistleblower-Preis 2001 geehrte Frau Dr. Margrit Herbst zu tragen, die wegen Ihres öffentlichen Protestes gegen den verantwortunglosen Umgang ihrer Vorgesetzten mit diesen BSE-Verdachtsfällen ihre Anstellung als Tierärztin verlor und von niemandem wieder eingestellt wurde. Wen wundert da noch, daß früher nur bei einigen importierten Rindern BSE diagnostiziert wurde?

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