Lerntext Gesamtschul-Genetik Jahrgangsstufe 9

Roland Heynkes, 7.7.2021, zuletzt bearbeitet am 16.10.2022

Dieser Lerntext soll die Genetik möglichst verständlich und ausschließlich mit den Fachbegriffen und den Inhalten der Schulbücher für die Jahrgangsstufe 9 an Gesamtschulen in NRW erklären. Ich mache es nur an manchen Stellen etwas ausführlicher, damit man auch die Zusammenhänge verstehen kann. Besonders wichtige Aussagen werden im Text wiederholt, um sie im Gedächtnis zu verankern.

Regeln für die Arbeit mit Aufgaben und Material

  • Finde die Informationen ohne Google nur im vorgegebenen Material (Lerntext)!
  • Lies den Text erst nachdem Du die Aufgabe verstanden hast!
  • Antworte in kurzen ganzen Sätzen so knapp wie möglich und so ausführlich wie nötig!
  • Achte darauf, dass Deine Sätze einen Sinn ergeben!
  • Formuliere Deine Antworten so, dass auch ohne Kenntnis der Aufgabe klar ist, worum es geht!
  • Vermeide Personalpronomen wie: "Sie" oder: "Ihre", wenn nicht unmißverständlich klar ist, wer oder was gemeint ist.
  • Und das Wichtigste: "Sei nicht so dumm abzuschreiben!" Sonst lernst Du nicht, was Du gar nicht oft genug üben kannst.

Gliederung

zum Text Für eine Sorte Biomoleküle brauchen wir Baupläne.
zum Text Proteine machen den Unterschied.
zum Text Aufbau eines Proteins
zum Text Zellen brauchen Baupläne.
zum Text In Vielzellern haben sehr unterschiedliche Zelltypen den selben Bauplan.
zum Text Nukleotid-Sequenzen codieren Aminosäure-Sequenzen
zum Text das menschliche Genom
zum Text Geschwister unterscheiden sich, ähneln aber ihren Eltern und Großeltern
zum Text die Meiose
zum Text Grundlagen der klassischen Genetik
zum Text die mendelschen Regeln 1 und 2
zum Text die 3. Mendelsche Regel
zum Text Mendelsche Regeln am Beispiel der Wellensittich-Farben
zum Text

Für eine Sorte Biomoleküle brauchen wir Baupläne. nach oben

Aufgaben zur Erarbeitung des Lernstoffes bzw. zur Lernkontrolle
a1 Nenne die Biomoleküle, die wir nicht ohne Bauplan herstellen können!
a2 Nenne den Sammelnamen der Grundbausteine unserer Proteine und wieviele unterschiedliche es davon gibt!
a3 Nenne die Information, die das Gen genannte Rezept für ein Protein enthält!
Hier geht es zu den Antworten.

Zellen bestehen aus Wasser, Mineralstoffen und Biomolekülen. Mineralstoffe und manche Biomoleküle müssen mit der Nahrung aufgenommen werden (z.B.: Vitamine sowie essentielle Aminosäuren und Fettsäuren). Wasser entsteht in Zellen auch als eine Art Abfallstoff. Aber die meisten Biomoleküle müssen von unseren Zellen gezielt hergestellt werden. Die bekanntesten Biomoleküle sind Vitamine, Fette und andere Lipide, Zucker und größere Kohlenhydrate sowie Eiweiße. Viele Eiweiße sind Werkzeuge, die Vitamine, Lipide oder Kohlenhydrate herstellen können. Nur die Eiweiße selber können nicht so einfach hergestellt werden.

Eiweiße (Proteine) sind lange Ketten aus 21 unterschiedlichen Aminosäuren (Die 20 schon länger von der Codonsonne bekannten und Selenocystein, das nicht wie die anderen durch eines der Codons/Tripletts codiert wird, sondern durch ein Stoppcodon in einer bestimmten Umgebung). So wie wir mit nur 30 Buchstaben unzählige Wörter bilden können, so können auch unzählige Eiweiße aus nur 21 verschiedenen Aminosäuren gebildet werden. Entscheidend ist in beiden Fällen die Reihenfolge (Sequenz) der Buchstaben bzw. Aminosäuren. Die richtigen Reihenfolgen der Buchstaben unserer Wörter lernen wir mühsam in der Schule. Unsere Zellen haben für jedes ihrer Eiweiße ein Rezept (Gen), in dem die richtige Reihenfolge der Aminosäuren aufgeschrieben ist. Alle diese Rezepte für Eiweiße haben wir von unseren Eltern geerbt. Und viele Unterschiede zwischen verschiedenen Menschen oder zwischen Menschen und Schimpansen beruhen darauf, dass ein Teil ihrer Proteine an manchen Positionen ihrer Aminosäureketten (bzw. Aminosäuresequenzen) andere Aminosäuren eingebaut haben. Andere Unterschiede beruhen darauf, dass mehr oder weniger von einem Protein produziert wird.

Interessierte finden mehr Informationen im Lerntext Biomoleküle.

Die Genetik erklärt, wie Gene die Formen und Funktionen der Proteine beeinflussen und auf diesem Wege die Eigenschaften eines Lebewesens.

Proteine machen den Unterschied. nach oben

Aufgaben zur Erarbeitung des Lernstoffes bzw. zur Lernkontrolle
a4 Erkläre, warum Lebewesen nicht ohne Proteine auskommen!
a5 Beschreibe den Zusammenhang zwischen den Proteinen und den Eigenschaften eines Lebewesens!
a6 Erkläre Schritt für Schritt, wie der Bauplan (das Genom) die Eigenschaften eines Lebewesens beeinflusst!
Hier geht es zu den Antworten.

Was Menschen voneinander und von anderen Spezies unterscheidet, sind die Eiweiße. In der Fachsprache nennen wir sie Proteine, damit man sie nicht mit dem Eiweiß im Ei eines Huhns verwechselt. Ohne Proteine könnte sich in einem Lebewesen nichts bewegen. Es könnte nichts wahrnehmen und auf nichts reagieren. Proteine ermöglichen und steuern fast alle chemischen Reaktionen in einem Lebewesen. Und ohne Proteine würde jede Zelle sofort zerfallen. Proteine sind die wichtigsten Bausteine und die eigentlichen Akteure in jedem Lebewesen.

Die Eigenschaften eines Lebewesens hängen überwiegend davon ab, wann, in welchen Mengen und in welchen Zellen es welche Proteine produziert und welche Formen diese Proteine haben. Denn die Form eines Proteins bestimmt seine Funktion und die Funktionen seiner Proteine bestimmen die Eigenschaften eines Lebewesens.

Wird in einem Protein auch nur eine von Hunderten Aminosäuren gegen eine etwas andere ausgetauscht, dann führt das normalerweise dazu, dass das Protein eine zumindest etwas andere Form annimmt. Und jede Veränderung der Form verändert auch die Eigenschaften eines Proteins. Meistens kann es dann etwas besser oder schlechter. Manchmal erlangt ein Protein dadurch sogar eine neue Fähigkeit. Und mit den Eigenschaften ihrer Proteine ändern sich auch die Eigenschaften der Lebewesen. Darum ist es extrem wichtig, dass die exakten Reihenfolgen (Sequenzen) aller Aminosäuren in sämtlichen Proteinen eines Lebewesens genau festgelegt sind. Und genau das leistet der Bauplan (das Genom) eines Lebewesens.

Aufbau eines Proteins nach oben

Proteine sind lange, unverzweigte Ketten aus Aminosäuren, von denen es in unseren Zellen 21 unterschiedliche gibt.

die 20 normal codierten Aminosäuren menschlicher Proteine
Aminosaeuren
anonym, public domain

Die Begriffe Primärstruktur, Sekundärstruktur, Alpha-Helix, Betafaltblatt, Tertiärstruktur und Quartärstruktur gehen über Euer Schulbuch hinaus. Sie erleichtern aber hier das Verständnis der Protein-Faltung.

Aus Aminosäureketten entstehen Proteine:

  1. Die Reihenfolge (Sequenz) der Aminosäuren eines Proteins nennt man seine Primärstruktur.
  2. In Abhängigkeit von ihren Aminosäuresequenzen bilden sich in verschiedenen Regionen der Aminosäurekette sogenannte Sekundärstrukturen wie die Alpha-Helix oder das Betafaltblatt.
  3. Anschließend falten sich die Sekundärstrukturen eines Proteins zu einer räumlichen Tertiärstruktur zusammen.
  4. Mehrere Tertiärstrukturen können sich zu einem komplexen Protein zusammensetzen. Das nennt man Quartärstruktur.

Das schrittweise Entstehen der räumlichen Form eines Proteins
Protein-Strukturniveaus
Mariana Ruiz Villarreal, Beschriftung von mir, public domain
So ergibt sich aus der Aminosäuresequenz die räumliche Form eines Proteins. Die Form bestimmt die Eigenschaften und damit auch die Funktionen eines Proteins. Und die Funktionen unserer Proteine bestimmen unsere Eigenschaften.
rotierendes Protein (Clostridium perfringens Alpha Toxin)
rotierendes Protein Clostridium perfringens Alpha Toxin
Ramin Herati, public domain

Das Problem dabei ist, dass es nahezu unendlich viele mögliche Reihenfolgen (Sequenzen) gibt, wenn Hunderte Aminosäuren ein Protein bilden und für jede Position der Aminosäure-Sequenz 21 unterschiedliche Aminosäuren zur Auswahl stehen. Damit eine Zelle von den praktisch unendlich vielen möglichen immer genau die richtige Aminosäurekette produziert, braucht sie für jedes seiner Proteine einen Bauplan. Solch einen Bauplan nennt man Gen. Es gibt im Prinzip für jedes Protein ein Gen, welches die Aminosäuresequenz des Proteins bestimmt. Und die Summe aller Gene nennt man das Genom eines Lebewesens.

rotierendes Protein (AMPA-Rezeptor)
rotierendes Protein AMPA-Rezeptor
anonym, CC BY-SA 3.0

Entscheidend für die Eigenschaften jedes Lebewesens und jede seiner Zellen ist also, wann, für wie lange und wie stark seine Gene aktiviert werden und welche Aminosäuresequenzen sie codieren.

Zellen brauchen Baupläne. nach oben

Aufgabe zur Erarbeitung des Lernstoffes bzw. zur Lernkontrolle
a7 Erkläre die Abkürzung mRNA!
Hier geht es zur Antwort.

Das Genom eines Lebewesens enthält für jedes seiner Proteine ein Rezept (Gen), in dem die Aminosäuresequenz des Proteins aufgeschrieben ist. Ähnlich wie Rezepte für Kuchen und Kekse stehen auch die Rezepte für Eiweiße hintereinander in Kochbüchern. Allerdings nennt man in Zellen die Rezepte Gene und die Kochbücher Chromosomen.

Wenn Zellen bestimmte Eiweiße brauchen, machen sie Kopien von den Genen (Rezepten). Diese Rezept-Kopien kommen wie Botschaften oder Boten zu winzigen Maschinen, die man Ribosomen nennt. Und weil diese Boten aus dem Material RNA bestehen, nennt man sie Boten-RNAs. Auf Englisch heißt Bote Messenger. Abgekürzt nennen wir deshalb die Rezept-Kopien mRNAs. Mit Hilfe solcher mRNAs stellen Ribosomen alle Eiweiße her, welche die Zelle braucht.

Ribosomen-Untereinheiten
große Ribosomen-Untereinheit kleine Ribosomen-Untereinheit
Diese animierten GIF zeigen links die große und rechts die kleine Ribosomen-Untereinheit.
Protein Data Bank Educational Resources

In Vielzellern haben sehr unterschiedliche Zelltypen den selben Bauplan. nach oben

Aufgaben zur Erarbeitung des Lernstoffes bzw. zur Lernkontrolle
a8 Nenne mit einem Satz, was die mehr als 200 menschlichen Zelltypen gemeinsam haben!
a9 Erkläre, warum unsere Zellen trotzdem so unterschiedlich sind!
Hier geht es zu den Antworten.

Menschen bestehen aus ungefähr 30 Billionen (30.000.000.000.000) menschlichen Zellen. Wir könnten allerdings nicht überleben, wenn nicht in und auf uns noch etwas mehr Bakterien und unzählige Viren existieren würden.

Es gibt in uns mehr als 200 unterschiedliche menschliche Zellarten. Besonders bekannt sind rote und weiße Blutzellen, kugelige Eizellen, lange Muskelzellen, verzweigte Nervenzellen und nahezu unsterbliche Stammzellen.

Trotzdem haben alle diese sehr unterschiedlichen Zelltypen eines Menschen praktisch den selben Bauplan.

Die folgenden Bilder zeigen verschiedene Blutzellen (Blutkörperchen) mit ungefähr richtigen Größenverhältnissen.
Blutzellen
Blutplättchen heißen Thrombozyten, rote Blutkörperchen heißen Erythrozyten. Alle anderen hier gezeigten Blutzellen gehören zu den weißen Blutkörperchen (Leukozyten).

Jedes Eiweiß erfüllt eine bestimmte Aufgabe in der Zelle. Viele Eiweiße sind Bausteine, aus denen Zellen bestehen. Andere Eiweiße stellen Kohlenhydrate oder Lipide her, aus denen Zellen bestehen. Deshalb hängen die Eigenschaften einer Zelle davon ab, aus welchen Eiweißen sie besteht.

Von den Kochbüchern (Chromosomen) hängt ab, welche Eiweiße eine Zelle herstellen kann. Aber die Zellen entscheiden, welche Rezepte (Gene) aus den Kochbüchern (Chromosomen) sie benutzen. So können unsere Zellen entscheiden, ob sie Nervenzellen oder Muskelzellen sein wollen. Aber normalerweise hören sie auf ihre Nachbarn und werden die Zellen, die gebraucht werden.

Nukleotid-Sequenzen codieren Aminosäure-Sequenzen nach oben

Aufgaben zur Erarbeitung des Lernstoffes bzw. zur Lernkontrolle
b1 Beschreibe mit einem Satz, worin die in der DNA gespeicherte Information steckt!
b2 Erkläre, wie die DNA mit nur 4 unterschiedlichen Nukleotiden 20 unterschiedliche Aminosäuren codieren kann!
Hier geht es zu den Antworten.

Schauen wir uns genauer an, wie ein Gen eine Aminosäuresequenz codiert. Gespeichert ist die Information eines Gens in einem Material namens DNA. Aber DNA ist nur der Datenträger, vergleichbar mit einer CD, einem Speicherchip, einer Festplatte oder dem Papier und der Druckerfarbe eines Buches.

animiertes Schema der DNA-Doppelhelix
DNA-Doppelhelix
Richard Wheeler, CC BY-SA 3.0
Die Animation erschwert zwar die genaue Betrachtung, vermittelt dafür aber ein intuitives Gefühl für die Struktur der DNA-Doppelhelix. Dabei hilft die Farbcodierung. Kohlenstoff-Atome sind grün dargestellt, Stickstoff blau, Sauerstoff rot, Phosphor orange und Wasserstoff grau. Dadurch wirken im DNA-Rückrat Desoxyribose grünorange und Phosphat rotorange, während dazwischen die Nukleobasen blaugrün gesprenkelt aussehen.

Damit ein Gen die Eigenschaften eines Proteins festlegen kann, muss es die Aminosäuresequenz des Proteins bestimmen. Dazu muss das Gen Informationen enthalten. Das funktioniert wie bei unseren Wörtern. Die Reihenfolge der Buchstaben bestimmt den Sinn eines Wortes. Auch Gene enthalten soetwas wie Buchstaben. Es sind die Grundbausteine der Nukleinsäuren DNA und RNA und man nennt sie Nukleotide. Es gibt in den Nukleinsäuren DNA und RNA jeweils 4 unterschiedliche Nukleotide. Man nennt sie einfach A, C, G und T. Die Nukleotidsequenz genannte Reihenfolge der Nukleotide enthält die Information(en) eines Gens. Nukleotidsequenzen der DNA bestimmen (codieren) die Aminosäuresequenzen der Proteine. Dabei bilden immer 3 Nukleotide eine Art Wort, das für eine bestimmte Aminosäure steht. Und an den Ribosomen wird die Nukleotidsequenz des Gens übersetzt in die Aminosäuresequenz des Proteins. Das folgende Schema soll das Prinzip veranschaulichen. Immer 3 benachbarte Nukleotide in der oberen Zeile werden übersetzt in eine Aminosäure in der unteren Reihe.

Gene codieren Proteine
Gene codieren Proteine

das menschliche Genom nach oben

Der Umfang des menschlichen Genoms (Bauplans) wird aktuell auf ungefähr 23.000 Gene geschätzt. Von den allermeisten dieser Gene haben wir eine Kopie von der Mutter und eine fast identische vom Vater geerbt. In unseren normalen, noch lebenden Körperzellen kommt also unser Bauplan (Genom) in zweifacher Ausführung vor. Man nennt das einen diploiden Chromosomensatz. Die Gesamtzahl der Nukleotide im diploiden Genom beträgt ungefähr 6,2 Milliarden. Insgesamt ergeben sie eine Länge von mehr als 2 Metern pro Zelle. Weil diese Länge extrem unhandlich wäre, ist unser Genom aufgeteilt auf 46 Untereinheiten, die man Chromosomen nennt. Diese Chromosomen sind unterschiedlich lang und wenn man sie kurz vor einer Zellteilung (in der mitotischen Metaphase) anfärbt, erkennt man unterschiedliche Streifenmuster. Fotografiert man die angefärbten Chromosomen, dann kann man sie aus dem Foto ausschneiden, nebeneinander legen und vergleichen. Man nennt das ein Karyogramm.

Karyogramm eines Mannes
männliches Karyogramm
National Human Genome Research Institute, public domain

Dabei zeigt sich, das die Chromosomen in weiblichen Zellen 23 und in männlichen Zellen 22 Chromosomenpaare gleich aussehender Chromosomen bilden. Man nennt sie auch homologe (sich entsprechende) Chromosomen oder homologe Chromosomenpaare. Dabei kommt immer ein Chromosom eines Chromosomenpaares vom Vater und das andere von der Mutter. Das 23., bei Männern ungleiche Chromosomenpaar bestimmt normalerweise das Geschlecht eines Menschen. Darum heißen seine Chromosomen auch Geschlechtschromosomen. Bei Frauen besteht dieses Chromosomenpaar aus zwei großen X-Chromosomen. Bei Männern sind es ein großes X-Chromosom und ein viel kleineres Y-Chromosom.

die Geschlechtschromosomen X&Y des Menschen
X-Chromosom und Y-_Chromosom
Geo-Science-International, CC BY-SA 4.0
Man sieht im elektronenmikroskopischen Bild zwei menschliche Geschlechtschromosomen in ihrer Transportform.
Lernkasten Baupläne für Proteine

Geschwister unterscheiden sich, ähneln aber ihren Eltern und Großeltern nach oben

In Familien findet man häufig über Generationen hinweg auffällige Ähnlichkeiten hinsichtlich des Aussehens, bestimmter Gesichtsausdrücke und Körperhaltungen, aber auch bei Charakter, Verhalten, Fähigkeiten oder Anfälligkeiten für bestimmte Krankheiten. Das liegt daran, dass Eltern eine zufällig ausgewählte Hälfte ihrer Gene an ihre Kinder vererben. Deshalb nannte man sie früher auch Erbanlagen.

Die zufällige Auswahl der Gene geschieht bei einem Prozess namens Meiose. Sie sorgt für die genetische Variabilität bzw. genetische Vielfalt unter den Geschwistern und ist sehr wichtig für die Fähigkeit einer Spezies, sich an neue Umweltbedingungen anzupassen.

Die mütterliche Hälfte der Gene steckt in einer Eizelle. Die väterliche Hälfte kommt in einem Spermium, das in die Eizelle eindringt. Danach vereinigen sich die beiden Hälften zu einem neuen, vollständigen Bauplan für einen neuen Menschen.

Ein Spermium dringt in eine Eizelle ein. nach oben
Ein Spermium dringt in eine Eizelle ein.
anonym, Public domain

Eizelle und Spermium heißen Geschlechtszellen, weil sie für die geschlechtliche (sexuelle) Fortpflanzung benötigt werden. Normale menschliche Geschlechtszellen enthalten jeweils 23 Chromosomen. Man nennt das den haploiden Chromosomensatz. Bei der Befruchtung vereinigen sich die Geschlechtszellen zu einer befruchteten Eizelle (Zygote). Diese enthält dann 23 mütterliche und 23 väterliche, also insgesamt 46 Chromosomen. Man spricht nun von einem doppelten oder diploiden Chromosomensatz. Man nennt auch den neuen Zellkern sowie die ganze Zygote diploid. Enthält der Zellkern der Zygote zwei X-Chromosomen, dann ist sie rein genetisch betrachtet weiblich. Enthält aber der Zellkern der Zygote ein X- und ein Y-Chromosom, dann kann sich der Embryo männlich entwickeln, falls alles gut geht.

die Meiose nach oben

Meiose oder Reduktionsteilung nennt man eine besondere Form der Zellteilung, bei der in zwei Teilungsschritten aus einer diploiden Zelle vier haploide Geschlechtszellen entstehen. Man kann die Meiose grob in die beiden Abschnitte Meiose I und Meiose II unterteilen.

  1. Während der Meiose I trennen sich die homologen Chromosomen jedes Chromosomenpaares und jede Tochterzelle bekommt eines davon.
  2. Während der Meiose II trennen sich die beiden Schwesterchromatiden jedes Chromosoms und jede Tochterzelle bekommt eines davon.

Um die Meiose verstehen zu können, sollte man 2 Dinge wissen:

  1. Welchem Zweck dient die Meiose?
  2. Welchem Zweck dient die zweite meiotische Teilung?
  1. Eine befruchtete Eizelle (Zygote) enthält doppelt soviele Chromosomen wie eine Geschlechtszelle (Spermium oder Eizelle). Denn die Zygote enthält alle Chromosomen der Eizelle und des Spermiums. Damit sich die Zahl der Chromosomen nicht in jeder Generation verdoppelt, dürfen Geschlechtszellen nur halb so viele Chromosomen enthalten wie eine normale Körperzelle. Also muss in den Eierstöcken und Hoden während der Entwicklung (Differenzierung) normaler Körperzellen zu Geschlechtszellen die Zahl der Chromosomen halbiert werden.
    Trotzdem muss jede Geschlechtszelle ein vollständiges Genom enthalten.
    Gleichzeitig lassen sich beide Anforderungen nur erfüllen, indem die aus einem mütterlichen und einem väterlichen Chromosom bestehenden Chromosomenpaare getrennt und auf zwei Tochterzellen aufgeteilt werden. Dazu dient die erste meiotische Teilung.
  2. Die zweite meiotische Teilung ist notwendig, weil vor dem Beginn der Meiose alle Chromosomen verdoppelt wurden. Darum bestehen nach der ersten meiotischen Teilung immer noch alle Chromosomen aus zwei Kopien, die man Chromatiden nennt. Auch vor jeder normalen Zellteilung liegen im Zellkern die Chromosomen als 2-Chromatiden-Chromosomen vor. Und bevor sich die ganze Zelle teilt, trennt die Mitose genannte normale Zellkernteilung die 2-Chromatiden-Chromosomen zu jeweils zwei 1-Chromatid-Chromosomen auf und verteilt die beiden Schwesterchromatiden auf zwei neue Zellkerne. So bekommt bei der anschließenden Zellteilung jeder der beiden Tochterzellen einen neuen Zellkern, in welchem alle Chromosomen nur noch aus einem Chromatid bestehen.

Die Verteilung der ursprünglich mütterlichen und väterlichen Chromosomen erfolgt zufällig und zusätzlich kommt es noch zum Austausch von Chromosomenteilen, sodaß jede Geschlechtszelle eine einzigartige Mischung der elterlichen Gene enthält.

Schema der Stadien der Meiose mit Crossing over nach oben

Die Meiose kommt nur bei Lebewesen vor, deren noch lebende Zellen einen Zellkern haben. Diese Lebewesen heißen Eukaryoten. Eukaryoten setzten die Meiose nur für die Herstellung von Geschlechtszellen ein. Der Zweck der Meiose ist die Halbierung des in normalen Körperzellen doppelten (diploiden) Chromosomensatzes. Denn Geschlechtszellen dürfen von jedem Chromosom nur ein Exemplar enthalten, damit sich die Zahl der Chromosomen in den Körperzellen nicht bei jeder sexuellen Fortpflanzung verdoppelt.

Die Meiose beginnt mit Chromosomenpaaren aus jeweils zwei Chromosomen, die normalerweise Varianten der gleichen Gene in der selben Reihenfolge enthalten. Sich so entsprechende Chromosomen nennt man homologe Chromosomen. Dabei stammt jeweils ein Chromosom von der Mutter und das andere vom Vater. Und weil schon vor der Meiose jedes Chromosom kopiert oder genauer verdoppelt wurde, besteht jedes Chromosom aus zwei Kopien, die man Chromatiden nennt. Deshalb nennt man die Chromosomen vor der Meiose 2-Chromatiden-Chromosomen.

Meiosestadien mit Crossing over
anonym, CC BY-SA 4.0

Das Schema oben beginnt mit drei Paaren homologer Chromosomen mit je zwei Chromatiden. Dabei stammen die blauen Chromosomen vom einen und die roten vom anderen Elternteil. Gelb gezeichnet sind die für den Transport der Chromosomen benötigten Teile des Zytoskeletts. Das Schema unterteilt die Meiose in zwei Zellteilungen (1. Reduktionsteilung, 2. Äquationsteilung genannte normale Mitosen) mit insgesamt acht Phasen:

  1. In der Prophase I werden die für einen Transport viel zu langen Chromosomen zu kompakten und dadurch transportablen Knäueln verpackt und die Zellkernhülle löst sich auf.
  2. In der Metaphase I werden die Chromosomenpaare in eine Ebene in der Zell-Mitte transportiert.
  3. In der Anaphase I werden die Chromosomenpaare auseinander und die beiden homologen Chromosomen in entgegengesetzte Richtungen gezogen.
  4. In der Telophase I entstehen um die Chromosomen zwei neue Zellkernhüllen und die Chromosomen werden wieder aufgelockert. Danach teilt sich die Zelle mit den zwei Zellkernen und es entstehen zwei Tochterzellen.
  5. In der Prophase II werden wieder die für einen Transport viel zu langen Chromosomen zu kompakten und dadurch transportablen Knäueln verpackt und die Zellkernhüllen lösen sich auf.
  6. In der Metaphase II werden die Chromosomenpaare in eine Ebene in der Zell-Mitte transportiert.
  7. In der Anaphase II werden die Chromosomenpaare auseinander und die beiden homologen Chromosomen in entgegengesetzte Richtungen gezogen.
  8. In der Telophase II entstehen erneut um die Chromosomen neue Zellkernhüllen und die Chromosomen werden wieder aufgelockert. Danach teilen sich die beiden Tochterzellen mit den zwei Zellkernen und es entstehen insgesamt vier Tochterzellen.

Prophase nennen Zellbiologen die Phase im Zellzyklus, in der die Chromosomen zu dicken, aber kurzen und damit transportfähigen Einheiten kondensieren (sich zusammenballen). In dieser Phase sieht man, dass jedes Chromosom aus zwei Chromatiden besteht. Das sind zwei nahezu identische Kopien des selben Chromosoms, die noch am Centromer aneinander gebunden sind und deshalb beide als Bestandteile eines 2-Chromatiden-Chromosoms bezeichnet werden.

Metaphase nennen Zellbiologen die Phase im Zellzyklus, in der die kondensierten (zur kompakten Transportform verdichteten) Chromosomen vom Spindelapparat alle in eine Ebene in der Mitte der Zelle bugsiert werden, die man Äquatorialebene nennt.

Anaphase nennen Zellbiologen die Phase im Zellzyklus, in welcher der Spindelapparat die Schwesterchromatiden der 2-Chromatiden-Chromosomen auseinander bis an die gegenüber liegenden Pole der Zelle ziehen. Weit von einander entfernt liegt nun in beiden Hälften einer Zelle von jedem Chromosom jeweils ein Chromatid. Deshalb bezeichnet man die Chromosomen von nun an bis zur nächsten Verdopplung (S-Phase) als 1-Chromatid-Chromosomen.

Telophase nennen Zellbiologen die Phase im Zellzyklus, in der sich der Spindelapparat auflöst, sich an den beiden Zellpolen um die 1-Chromatid-Chromosomen herum neue Kernhüllen bilden und wo in diesen die Chromosomen wieder dekondensieren. Das bedeutet, dass sie wieder ganz lang und dünn werden, sodass man keine einzelnen Chromosomen mehr erkennen kann. Man sieht nur noch eine einzige Masse, die aufgrund ihrer Färbkarkeit Chromatin nennt.

Die Meiose II entspricht der normalen Mitose mit 1-Chromatid-Chromosomen.

Animation der meiotischen Kern- und Zellteilungen ohne crossing over Definition des Schrifttyps und der Umrandung von Rechtecken Die meiotischen Kern- und Zellteilungen ohne crossing over. Roland Heynkes, CC BY-NC-SA 4.0 Mutterzelle 1-Chromatiden-Chromosomen verdoppeln sich (Replikation). Die 2-Chromatiden-Chromosomen kondensieren. Die Chromosomenpaare vereinigen sich in der Zellmitte. Die Chromosomenpaare trennen sich. Es entsteht zwei neue Zellkerne. Nach dem Zellkern teilt sich auch die Zelle (Cytokinese). Zum zweiten Mal lösen sich die Zellkerne auf. Danach trennen sich die Schwesterchromatiden. Vier neue Zellkerne entstehen. Zwei letzte Zellteilungen bilden vier Geschlechtszellen. Starten

Die Animation funktioniert unter MS-Windows mit den Browsern Firefox, Opera und Google Chrome, während der Internet Explorer von Microsoft die SMIL-Anweisungen immer noch nicht versteht. Auf dem iPad muss die Seite vor jeder Wiederholung neu aufgebaut werden.

Grundlagen der klassischen Genetik nach oben

Ursächlich für unterschiedliches Aussehen verschiedener Spezies sind etwas unterschiedliche Varianten ihrer Proteine. Und die Ursache für die Unterschiede zwischen verschiedenen Varianten eines Proteins sind Unterschiede zwischen ihren Bauplänen, also den Genen. Genauer gesagt sind es Varianten (Allele) des selben Gens.

Menschen erben also ihre Gene von ihren Eltern. Normalerweise haben Frauen von allen und Männer von fast allen ihren Genen zwei Kopien - eine vom Vater und eine von der Mutter. Unsere Eigenschaften sind deshalb eine Mischung der Eigenschaften der jeweiligen Mütter und Väter. Dabei können die Einflüsse der mütterlichen und väterlichen Genvarianten (Allele) gleich oder unterschiedlich groß sein. Kommt von einem Elternteil eine intakte Genvariante und vom anderen Elternteil ein funktionsloses Allel, dann setzt sich das intakte durch. Man nennt es dominant. Defekte Allele, die keine funktionsfähigen Proteine codieren, heißen rezessiv.

    Die 3 mendelschen Regeln:
  1. Uniformitätsregel: Im Hinblick auf ein bestimmtes Merkmal sind alle Nachkommen gleich, wenn sich die Eltern hinsichtlich dieses Merkmals unterscheiden und beide reinerbig (homozygot) sind.
  2. Spaltungsregel: Im Hinblick auf ein bestimmtes Merkmal phänotisch gleiche (z.B. gleich ausehende) Eltern können heterozygot sein, also in ihren Körperzellen jeweils zwei unterschidliche Allele des Gens für dieses Merkmal besitzen. In dem Fall können sich ihre Nachkommen genotypisch und phänotypisch unterscheiden.
  3. Unabhängigkeitsregel: Verschiedene Merkmale werden unabhängig von einander vererbt. Das gilt allerdings nur, wenn ihre Gene nicht nahe bei einander auf dem selben Chromosom liegen.

die mendelschen Regeln 1 und 2 nach oben

Schema eines dominant-rezessiven Erbgangs
Schema eines dominant-rezessiven Erbgangs
Magnus Manske, public domain
Das Schema veranschaulicht die ersten beiden mendelschen Regeln anhand eines dominant-rezessiven Erbgangs, wobei das Allel für eine rote Blütenfarbe dominant ist. Ein defektes Allel dieses Gens führt zu einer weißen Blütenfarbe. Dieses Merkmal ist jedoch rezessiv, weil das defekte Allel durch das intakte ersetzt werden kann.
(1) Elterngeneration mit reinerbigen Anlagen (w/w oder R/R).
(2) F1-Generation: Alle Individuen sehen gleich aus, die dominante rote Erbanlage setzt sich gegen die rezessive weiße durch.
(3) F2-Generation: Dominante (rot) und rezessive (weiße) Erscheinungsformen zeigen ein Verhältnis von 3:1.

Sind beide Allele gleich dominant, dann führt das zu folgendem Erbgang.

Schema eines intermediären Erbgangs
Schema eines intermediären Erbgangs
Magnus Manske, public domain
Das Schema veranschaulicht die ersten beiden mendelschen Regeln anhand eines intermediären Erbgangs, wobei die Kombination beider Allele eine Mischfarbe egibt.
(1) Elterngeneration mit reinerbigen Anlagen (w/w oder R/R).
(2) F1-Generation: Die Blütenfarbe aller Individuen ist rosa.
(3) F2-Generation: Rote, rosa und weiße Blüten zeigen ein Verhältnis von 1:2:1.

die 3. Mendelsche Regel nach oben

Das folgende Schema veranschaulicht die dritte mendelsche Regel mit zwei unabhängig voneinander vererbten Merkmalen. Unten in der Tabelle sieht man, wie sich die Merkmale auswirken. Man nennt diese äußerlich erkennbaren Merkmale den Phänotyp. Phänotypisch unterscheidbar sind die Merkmale Farbe (grün oder gelb) und Form (glatt oder wellig) der Bohnen. Die Tabelle zeigt für den Fall zweier hinsichtlich beider Merkamle mischerbiger Eltern die relativen Häufigkeiten der Merkmalskominationen unter den Nachkommen.

Über der Tabelle und mit den Buchstaben auch in ihr zeigt das Schema die genotypische Erklärung, also die nicht direkt sichtbare Ebene der Gene. Man sieht Zellen mit größeren und etwas kleineren Chromosomen. Die größeren Chromosomen enthalten ein Gen, welches die Farbe der Bohne beeinflusst. Die kleineren Chromosomen enthalten ein Gen, welches die Form der Bohne beeinflusst. Von jedem der beiden Gene gibt es zwei Varianten (Allele), wobei jeweils die groß geschriebene dominant ist und sich gegenüber dem klein geschriebenen rezessiven Allel durchsetzt. Das Allel R bewirkt eine grüne Färbung. Das rezessive Allel r bewirkt eine gelbe Färbung, sofern es nicht durch ein Allel R dominiert wird. Analog lässt das dominante Allel Y die Bohne wellig wachsen, während das rezessive Allel y für eine glatte Bohne sorgt, wenn es nicht von Y dominiert wird.

Gemäß der dritten mendelschen Regel werden die beiden Merkmale unabhängig voneinander vererbt, weil sie auf verschiedenen Chromosomen untergebracht sind. Lägen die beiden Gene direkt nebeneinander im selben Chromosom, dann würden sie fast nie unabhängig voneinander verberbt.

Schema zur Unabhängigkeitsregel

Ganz oben unter der Überschrift Meiose zeigt das Schema zwei (diploide) Körperzellen der Elterngeneration (F1-Generation). Man sieht in jeder Zelle zwei größere und zwei etwas kleinere Chromosomen, von denen jeweils eines von der Mutter und eines vom Vater stammt. Die größeren Chromosomen enthalten ein Gen (R oder r), welches die Farbe der Bohne beeinflusst. Die kleineren Chromosomen enthalten ein Gen (Y oder y), welches die Form der Bohne beeinflusst. Beide Körperzellen sind hinsichtlich beider Gene mischerbig. Das bedeutet, dass jeweils das vom "Großvater" stammende Chromosom ein anderes Allel das von der "Großmutter" stammende enthält. Weil sich jeweils das dominante Allel durchsetzt, sind die Bohnen der in diesem Experiment als Vater und Mutter eingesetzten Elternpflanzen alle grün und wellig.

In der zweiten Zeile sieht man, das alle Chromosomen (durch DNA-Replikation) verdoppelt wurden. Die beiden Kopien (Chromatiden) hängen aber (an den Centromeren) noch zusammen. Es folgt die erste meiotische Zellteilung, in welcher jede (der haploiden) Tochterzelle von jedem Chromosomenpaar nur entweder das großväterliche oder das großmütterliche Chromosom erhält. Das Ergebnis dieser ersten meiotischen Zellteilung sieht man in der dritten Zeile mit vier (haploiden) Tochterzellen. Abgeschlossen wird die Bildung von in diesem Fall weiblichen Geschlechtszellen (Eizellen) durch die zweite meiotische Zellteilung. Dabei werden die beiden Kopien (Schwesterchromatiden) jedes Chromosoms voneinander getrennt und jede der Tochterzellen in der vierten Zeile erhält von jedem Chromosom nur eine Kopie (Chromatid).

Insgesamt verfügt dadurch jede Geschlechtszelle (Gamete) von jedem Chromosom und im Prinzip auch von jedem Gen nur noch jeweils eine Kopie. Und weil die Körperzellen hinsichtlich beider Gene mischerbig waren, enthalten nun die Geschlechtszellen unterschiedliche Allelkombinationen.

Schema zur Unabhängigkeitsregel
Mariana Ruiz Villarreal, gemeinfrei

Unten zeigt die Tabelle alle möglichen Kombinationen der vier Allele, die durch Befruchtung der Eizellen durch genauso entstandene männliche Geschlechtszellen in der Generation der Nachkommen (F2-Generation) entstehen können.

Werden bei einem Heterozygoten die Genprodukte beider Allele unabhängig voneinander ausgeprägt, spricht man von Kodominanz bzw. von kodominanter Vererbung. Das bekannteste Beispiel für Kodominanz findet sich beim Blutgruppensystem AB0: Die Allele A und B kommen beim Genotyp AB beide zur Ausprägung, so dass auch der Phänotyp AB lautet. Das Gen zur Ausprägung der Blutgruppen des AB0-Systems liegt auf dem Chromosom 9. Beispiele für intermediäre Erbgänge sind die rosafarbenen Blüten von Primeln, Löwenmäulchen oder ursprünglich mittelamerikanischen Wunderblume, weil das Merkmal Weiß auf zwei von Vater und Mutter geerbten defekten Allelen ohne Genprodukt beruht und ein intaktes Allel allein nicht ausreicht, um genügend roten Farbstoff für rote Blüten zu produzieren. Kreuzt man zwei jeweils homozygot weiße und rote Exemplare dieser Blütenpflanzen miteinander, dann findet man in der nächsten Generation nur rosafarbene Blüten.

Mendelsche Regeln am Beispiel der Wellensittich-Farben nach oben

Es gibt bei den seit mehr als 170 Jahren als Haustiere gezüchteten Wellensittichen zahlreiche Farbvarianten. Um es nicht unnötig kompliziert zu machen, möchte ich mich darauf beschränken, die Vererbung von zwei an der Farbgebung beteiligten Genen mit jeweils 2 Allelen zu erklären.

Das eine Gen ist ein Rezept für die Produktion eines Proteins, welches normalerweise zur Herstellung des dunklen Farbstoffs Eumelanin führt. Zusammen mit der normalen Struktur der Federn bewirkt dieser Farbstoff eine Blaufärbung. Es gibt aber ein mutiertes Allel (b) dieses Gens, das zu einem defekten Protein führt. Dieses nicht funktionsfähige Protein kann keinen Beitrag zur Herstellung des Farbstoffs leisten. Wenn der Vogel auch von seinem anderen Elternteil kein intaktes Allel (B) dieses Gens geerbt hat, dann kann er gar keinen Farbstoff für die Blaufärbung produzieren.

Das andere Gen codiert ein Protein, welches für die Produktion des gelben Farbstoffes Psittacin benötigt wird. Auch von diesem Gen gibt es außer dem funktionsfähigen (G) noch ein funktionsunfähiges mutiertes Allel (g).

Betrachten wir mit diesem Vorwissen die Kreuzung eines reinerbig grünen (BBGG) Wellensittichs mit einem reinerbig weißen (bbgg), dann enthalten alle Geschlechtszellen des einen Elternteils die beiden dominanten Allele B und G, während alle Gameten des anderen Tieres die rezessiven Allele b und g enthalten. Bei den Nachkommen ergeben sich folgende Kombinationsmöglichkeiten:

F1 bg bg
BG BbGg BbGg
BG BbGg BbGg

Alle Nachkommen in der F1-Generation sind genotypisch und phänotypisch gleich. Alle sind grün. Sie sind aber auch alle mischerbig. Deshalb produzieren sie im Hinblick auf diese beiden Gene 4 unterschiedliche Sorten von Geschlechtszellen: BG, Bg, bG und bg.

F2 BG Bg bG bg
BG BBGG BBGg BbGG BbGg
Bg BBGg BBgg BbGg Bbgg
bG BbGG BbGg bbGG bbGg
bg BbGg Bbgg bbGg bbgg

In der F2-Generation findet man also die Farben Grün, Blau, Gelb und Weiß im Verhältnis: 9:3:3:1.

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Roland Heynkes, CC BY-NC-SA 4.0